Verdeckte Fanermittlung
Von René Lau
»Geld schießt keine Tore«, sagte einmal vor vielen Jahren ein gewisser Otto Rehhagel. Das war richtig und zugleich nicht ganz richtig. Inzwischen haben sich die Zeiten ohnehin geändert. Auch kleine Vereine ringen um jeden Cent, um sportlichen Erfolg oder auch nur ganz schlicht darum, das Überleben des Vereins zu gewährleisten. Eine wichtige Einnahmequelle ist der Verkauf von Fanartikeln. Auch in der viertklassigen Regionalliga, wo im Fanshop zwar sicherlich kein so großer Umsatz gemacht wird wie bei höherklassigen Vereinen, freuen sich die Klubs über Einnahmen aus diesem Bereich. Aber nicht immer sind die Käufer des rot-weißen Shirts oder des blau-gelb-weißen Schals auch Fans des jeweiligen Vereins. Wie jetzt nämlich herauskam, kauften offensichtlich Polizeibeamte aus Thüringen fleißig in den Shops der Regionalligisten FC Rot-Weiß Erfurt und FC Carl Zeiss Jena ein. Bekannt wurde das dadurch, dass Kaufbelege zur internen Abrechnung bei der Polizei eingereicht wurden.
Was aber will die Polizei mit solchen Fanartikeln, fragt man sich. Nicht nur die Erfordia-Ultras aus Erfurt vermuten in einem Text auf ihrer Homepage, dass sich im Vorfeld des brisanten Thüringenderbys zwischen den beiden Vereinen die Polizei nicht nur der szenekundigen Beamten bedienen wird, sondern auch verdeckter Ermittler. Die dann mit Fanartikeln ausgestatteten Beamten fallen im Fanpulk nicht auf und können beobachten, ermitteln und gegebenenfalls Festnahmen vornehmen. Ein solches Vorgehen ist in Thüringen nichts Neues. Hat doch Team Blau erst vor kurzem in Jena versucht, Fans anzuquatschen, um diese zur polizeilichen Mitarbeit zu gewinnen.
Um es klar zu sagen: Wir reden hier über Menschen, die als Fußballfans ihre Fankultur ausleben wollen und nicht etwa über organisierte Kriminalität. Nicht die Fans müssen in diesen aufgewühlten Zeiten abrüsten, sondern die Polizei mit ihrem Repressionsapparat, ihren Schnüfflern und Schlagstöcken.
»Sport frei!« vom Fananwalt.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Mehr aus: Sport
-
In 86 Jahren ist’s geschafft
vom 21.02.2025