Bereit zum Umfallen
Von Reinhard Lauterbach
Die Ukraine ist offenbar bereit, ihren Widerstand gegen den von den USA aufgezwungenen Vertrag zur Aneignung der Rohstoffe des Landes aufzugeben. Präsidentenberater Michailo Podoljak sagte dem staatlichen Kiewer Fernsehsender Freedom TV, die Unterzeichnung sei eine Frage der »allernächsten Zukunft«. Er nahm damit Vorbehalte seines Chefs gegen das Vertragswerk zurück, das den USA vorab 50 Prozent aller Rohstoffvorhaben und die Hälfte aller Exporterlöse aus Verkäufen an Drittstaaten sichert. US-Präsident Donald Trump bekräftigte auf einer Veranstaltung am Sonnabend, die USA wollten von der Ukraine »alles, was wir kriegen können«. Wolodimir Selenskij hatte noch am Wochenende erklärt, er sei »nicht bereit, die Ukraine zu verkaufen«.
Die USA hatten zuletzt offenbar den Druck auf die Ukraine erhöht, das Abkommen zu unterzeichnen. Wie am Sonnabend die Agentur Reuters aus »Verhandlungskreisen« erfahren haben wollte, soll Washington der Ukraine gedroht haben, sie von dem Satelliten-Kommunikationssystem Starlink – es gehört dem Trump-Berater und Milliardär Elon Musk – abzuschalten, wenn sie den Vertrag nicht unterzeichne. Starlink ist für das ukrainische Militär für den Funkverkehr im Kampfgebiet unverzichtbar. Musk hatte schon früher gedroht, das System für die Ukraine abzuschalten, um sich den Aufwand vom Pentagon erstatten zu lassen.
Unterdessen setzte Russland die Serie seiner Komplimente an die Adresse von US-Präsident Donald Trump fort. Kremlsprecher Dmitri Peskow nannte ihn am Sonntag einen – ebenso wie Wladimir Putin – »einzigartigen Präsidenten«. Trump habe die Wahl im November mit einer für US-Verhältnisse »absolut ungewöhnlichen Mehrheit« gewonnen, sagte Peskow. Das entspricht nur bedingt der Wahrheit: Der deutliche Vorsprung Trumps im Wählerkollegium lag am US-Wahlsystem; an abgegebenen Stimmen lag Trump nur um 1,6 Prozentpunkte vor der Kandidatin der US-Demokraten Kamala Harris. Peskow meinte die Schmeicheleien an die Adresse von Trump aber offensichtlich auch, um die »einzigartige« Position Putins in der russischen Gesellschaft herauszustellen. Der Grad der Zustimmung zu Putins Politik sei »atemberaubend«, so sein Sprecher. Gleichzeitig bestritt Peskow, dass bereits für den kommenden Dienstag die nächste US-russische Gesprächsrunde zur Ukraine geplant sei. Trump seinerseits dementierte einen französischen Pressebericht, wonach er vorhabe, zum russischen Siegestag am 9. Mai nach Moskau zu reisen und so das Bündnis beider Länder im Zweiten Weltkrieg zu würdigen.
Mit Spannung wird erwartet, wie am Montag zwei Abstimmungen über eine Ukraine-Resolution im UN-Sicherheitsrat und später in der UN-Generalversammlung ausgehen werden. Die Sitzung findet aus Anlass des dritten Jahrestags des Kriegsbeginns in der Ukraine statt. Die USA haben einen Entschließungsentwurf vorgelegt, der Russland erstmals nicht mehr als »Aggressor« brandmarkt, sondern den Akzent darauf setzt, dass das Sterben auf beiden Seiten so schnell wie möglich beendet werden müsse. Der Entwurf versetzt die Alliierten der USA in eine delikate Situation: Theoretisch können Großbritannien oder Frankreich im Sicherheitsrat von ihrem Vetorecht Gebrauch machen. Eine Ablehnung des Entwurfs der bisherigen Führungsmacht des kollektiven Westens würde aber die auf der europäischen Seite des Atlantiks nach wie vor angestrebte Allianz mit den USA belasten.
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