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Aus: Ausgabe vom 24.02.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Entwicklungshilfe der Niederlande

Abkupfern bei Trump

Den Haag kürzt Entwicklungshilfen, fokussiert die niederländische Politik auf Profite und Migrationsbekämpfung
Von Gerrit Hoekman
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Treibende Kraft der Kürzungen: Geert Wilders, Chef der der rechtspopulistischen PVV

Ab 2027 werden die Niederlande 2,4 Milliarden Euro weniger in die Entwicklung armer Staaten des Trikont stecken. Das gab die Ministerin für Außenhandel und Entwicklung, Reinette Klever, am Donnerstag in einem Schreiben an das niederländische Parlament bekannt. »Alle Programme, die wir finanzieren, müssen direkt unseren eigenen Interessen dienen: Handel, Sicherheit und weniger Migration«, kündigte Klever auf Rijksoverheid.nl, der offiziellen Internetseite der Regierung, an. Ein wichtiges Kriterium für Hilfe sei, dass niederländische Unternehmen daran verdienen. Die Ministerin vertritt im Kabinett die PVV, die Partei des Rechtsaußenpolitikers Geert Wilders.

Herzlos und kurzsichtig

Die Regierung hatte den Sparkurs zwar bereits angekündigt, aber die Details sorgen für blankes Entsetzen bei den betroffenen NGOs. »Die Art und Weise, wie dies geschieht, wirkt herzlos und kurzsichtig«, zitierte die öffentlich-rechtliche NOS am Donnerstag Koos de Bruijn, den Direktor des niederländischen NGO-Dachverbands Partos. Die Mittel für das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF werden um die Hälfte reduziert. Schlimmer noch: Projekte für Frauenrechte, die Gleichstellung der Geschlechter sowie die Berufs- und Schulausbildung erhalten überhaupt kein Geld mehr. »Was am meisten schmerzt, ist, dass die Ergebnisse jahrelanger Bemühungen um Frauenrechte verlorengehen werden«, reagierte Sophie Kwizera von Action Aid Nederland gegenüber NOS auf Klevers harschen Sparkurs. Die Projekte werden fehlen: Laut der Hilfsorganisation Oxfam können 1,4 Milliarden Mädchen und Frauen auf der Welt »nicht über ihren eigenen Körper entscheiden«.

Solidarität unter Frauen ist für Ministerin Klever offenbar ein Fremdwort: »Wir treffen klare Entscheidungen, tun nur noch das, was wir gut können, und arbeiten so viel wie möglich mit niederländischen Unternehmen zusammen. Das ist gut für die Niederlande und gut für die Empfängerländer.« Eine Ursache von Konflikten sei der Mangel an Nahrungsmitteln. »Deshalb setzen wir niederländisches Agrar­wissen ein, um die Produktion von Nahrungsmitteln zu verbessern und zu steigern.« Niederländische Unternehmen bekämen dadurch mehr Möglichkeiten, an Aufträge zu kommen. Das freut die niederländischen Arbeitgeberverbände. »Obwohl die Politik mit erheblichen Sparmaßnahmen einhergeht, scheint sie verantwortungsvoll umgesetzt zu werden«, schreiben sie in einem gemeinsamen Statement. Diese »ausgestreckte Hand« nähmen sie »gerne an«.

Migration verhindern

Tatsächlich wird die niederländische Entwicklungshilfe schlicht nur noch einem Ziel untergeordnet, das der PVV besonders wichtig ist: dem Verhindern von Migration. Was nach Einsatz der Abrissbirne übrigbleibt, will Klever in Konfliktregionen in relativer Nähe zu Europa pumpen, in West- und Nordafrika, dem Mittleren Osten und am Horn von Afrika. »Damit soll verhindert werden, dass der Handel gestört wird, radikale oder kriminelle Gruppen mehr Raum erhalten oder Menschen in den Niederlanden Asyl suchen«, so die Ministerin. Würde Menschen vor Ort eine Perspektive geboten, »müssen sie sich nicht auf den Weg nach Europa machen«. Andere arme Regionen auf der Welt bekommen nichts mehr.

Der Welt »den Rücken zu kehren« liege sicher nicht im Interesse der Niederlande, schrieb die Hilfsorganisation Oxfam Novib am Donnerstag in einer Stellungnahme auf ihrer niederländischen Homepage. Auch in der Koalition sind längst nicht alle mit Klevers Kürzungsprogramm einverstanden. »Entwicklungshilfe ist ein wesentlicher Teil unserer Außenpolitik«, schrieb Roelien Kam­minga, Abgeordnete der rechtsliberalen VVD, auf X. Samt der »Bedeutung des Schutzes schwacher Gruppen« scheine die Regierung dies vergessen zu haben. Es sieht so aus, als habe die ohnehin schon unharmonische Koalition ein neues Thema gefunden, über das sie in Streit geraten könnte. Und wieder fragt man sich: Wo steckt eigentlich Dick Schoof, der parteilose Regierungschef von Wilders Gnaden? Vielleicht bereitet er schon das Frühstück für die nächste Kabinettssitzung vor.

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