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Aus: Ausgabe vom 25.02.2025, Seite 8 / Ansichten

Nationale Welle

Bundestagswahl 2025
Von Arnold Schölzel
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Nein, die deutschen Wähler haben nicht den Krieg gewählt, »nur« die Verlängerung des NATO-Stellvertreterkrieges gegen Russland und das Auffüllen aller Pulverfässer. Sie haben jenem Einheitsblock zur Mehrheit verholfen, der in Aufrüstung, unbefristeter Kriegführung in der Ukraine durch westliche Waffenlieferungen und grotesk-gefährlicher Kanonenbootpolitik zum Beispiel vor der Küste Chinas die Rettung der deutschen Industrie und der Bundesrepublik vorm »Russen« ausmacht. Nach dem Ausscheiden von FDP und BSW aus dem Bundestag läuft alles dementsprechend auf eine unkomplizierte Koalitionsbildung von CDU/CSU und SPD hinaus: In den drei politischen Hauptpunkten – Rüstung, Rüstung, Rüstung – ist man sich bereits seit der »Zeitenwende« 2022 einig, nun soll im Zeichen einer zweiten »Zeitenwende« eine gewaltige Schippe draufgelegt werden. Noch am Wahlabend meldete sich die deutsche Ökonomenzunft zu Wort und verlangte völlig überraschend genau das. Der Dax ist in Erwartung solcher »Investitionen« seit Wochen auf Rekordkurs, die Rheinmetall-Aktie geht durch die Decke, so dass das Handelsblatt am Freitag vor der Wahl hoffnungsfroh titeln konnte: »Wachstum durch Rüstung«. Die Hyperbellizisten von Bündnis 90/Die Grünen haben sich auch in dieser Hinsicht überflüssig gemacht.

Das Wahlergebnis ist Ausdruck einer nationalen Welle – sichtbar in den Demonstrationen von Hunderttausenden in den vergangenen Wochen –, in der sich Zustimmung zu den Parteien der »Kriegstüchtigkeit« gegen das »faschistische« Russland und nun auch gegen die »faschistischen« USA mit Protest gegen das Zusammengehen von CDU/CSU und AfD in der Migrationspolitik vereinen. Keine Rolle spielt für die antifaschistischen Demonstranten die Bereitschaft der AfD, bei Aufrüstung alle anderen Parteien zu übertreffen. AfD-Kanzlerkandidatin Alice »Hitler war Kommunist« Weidel wollte sogar die Führung übernehmen und fünf Prozent vom Bruttoinlandsprodukt fürs Militär rauswerfen – beim gegenwärtigen Stand wären das rund 215 Milliarden Euro. 2024 betrug der Bundeswehr-Etat rund 72 Milliarden Euro. Einziger Unterschied: Die AfD rechtfertigt die gigantischen Summen nicht mit einem bald bevorstehenden russischen Angriff, sondern mit »Verteidigung«. Gegen wen, verschweigt die Partei.

Mit dem BSW ist die einzige Partei, die in der Frage von Krieg und Frieden anders als Die Linke keine Zweideutigkeit zeigte, aus dem Bundestag ausgeschieden. Der Kovorsitzende Jan van Aken nannte auf dem Linke-Wahlparteitag am 18. Januar das BSW in einem Atemzug mit der AfD »Kremlpartei« – im neuen national und kriegerisch hochgestimmten »Antifaschismus« brachte das Erfolg.

Olaf Scholz hat fast als letzte Amtshandlung am Tag nach dem Telefonat zwischen Donald Trump und Wladimir Putin mit Blick auf die massenhafte deutsche Kampfbereitschaft gegen US- und russischen »Faschismus« das nun am Sonntag gewählte Regierungsprogramm vorgelegt: die Staatskasse fürs Militär durch Modifikation der Schuldenbremse plündern, die Notlage wegen des Ukraine-Krieges erklären und auf EU-Ebene die Finanzschleusen öffnen. Am Montag nach der Wahl kündigte Die Linke an, sie werde »unter Bedingungen« bei der Lockerung der Schuldenbremse mitmachen.

Das bedeutet: Die Torpedierung der Bemühungen Russlands und der USA, den Ukraine-Krieg rasch zu beenden, wird voraussichtlich durch eine Allparteienkoalition im Bundestag getragen. Die Lieferung des »Taurus«-Marschflugkörpers an Kiew wurde von Friedrich Merz nie ausgeschlossen. Zudem steht die Stationierung von neuen US-Mittelstreckenraketen und einer Hyperschallrakete in der Bundesrepublik auf der Tagesordnung. Davon wollen die Demonstranten des neusten Antifaschismus nichts wissen, militärische Eskalation ist für sie keine rechte Politik.

Das erklärt den Erfolg der Partei Die Linke und den relativ geringen Verlust von Bündnis 90/Die Grünen. Die Linke stimmte zudem im Unterschied zum BSW nicht für das »Zustrombegrenzungsgesetz« von CDU/CSU, das die bei der AfD abgekupfert hatten.

Das Regierungsprogramm stand jedenfalls fest, bevor die nächste Regierung gebildet wird. Gewählt wurde es von den wirklich Mächtigen. Bereits die Ampel hat den für diesen Kurs nötigen reaktionär-militaristischen Staatsumbau vorangetrieben. Berufsverbote oder 200 teilweise schwer bewaffnete Polizisten wie am Dienstag bei einer Versammlung von Menschenrechtsaktivisten mit einer UN-Repräsentantin in Räumen dieser Tageszeitung, die faktische Aufhebung des Versammlungsrechts und anderer Grundrechte sind ein Anfang. Die Marschrichtung hat Merz am Sonnabend noch einmal vorgegeben: »Links ist vorbei. Es gibt keine linke Mehrheit und keine linke Politik mehr in Deutschland.« Er wird als Kanzler nachhelfen, damit das Wirklichkeit wird. Die durch die eigene Kriegs- und antisoziale Politik verzwergte SPD wird ihm willig helfen.

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