Merz: Aufrüstung sofort
Von Arnold Schölzel
CDU/CSU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz drückt aufs Aufrüstungstempo. Nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien verlangte er auf einer Pressekonferenz am Montag in Berlin bis Mittwoch eine Verständigung zwischen Union und SPD über zusätzliche Hunderte Milliarden Euro vor allem fürs Militär. Die Dringlichkeit sei groß, »wir sollten versuchen, das vor dem EU-Gipfel am Donnerstag zu vereinbaren.« Er könne vorerst aber weder den Weg noch Zahlen nennen. »Das ist alles offen.« Merz äußerte den Wunsch, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beim Gipfel und er selbst beim Vorbereitungstreffen der Europäischen Volkspartei (EVP) »das Gleiche sagen«. Scholz hatte für Mittwoch Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ins Kanzleramt eingeladen.
Merz dementierte, dass er sich in der CDU-Führung für eine Sondersitzung des Bundestages am kommenden Montag ausgesprochen habe. Laut dpa erklärte er nach Angaben von Teilnehmern, in dieser Woche entscheide sich, ob in der kommenden eine solche Sondersitzung stattfinden werde. Die SPD ist jedoch bereit, dem von Merz eingeschlagenen Tempo zu folgen. Der SPD-Kovorsitzende Lars Klingbeil kündigte am Montag auf einer Pressekonferenz an: »Wir sind bereit, diese Woche sehr schnell zur Einigung zu kommen.« Die SPD werde dafür alle übrigen Termine absagen.
Die Sondierungen zwischen CDU, CSU und SPD über eine Koalition wurden am Montag nachmittag in Berlin fortgesetzt. Laut Medienberichten ging es unter anderem um ein neues kreditfinanziertes Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von bis zu 400 Milliarden Euro sowie um eines für Infrastruktur in Höhe von bis zu 500 Milliarden Euro. Im Gespräch ist demnach auch eine Reform der Schuldenbremse.
Am Montag begrüßten weitere Ökonomen Staatsschulden im geplanten Umfang. So schwärmte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sie könnten »einen Mentalitätswechsel anstoßen und dringend überfällige Prioritäten adressieren«. Ökonomen der Deutschen Bank sahen einen »historischen finanzpolitischen Wandel« heraufziehen. »Ein großer Infrastrukturfonds würde der deutschen Wirtschaft ab 2026 einen deutlichen konjunkturellen Impuls verleihen«, ließ sich Deutsche-Bank-Ökonom Robin Winkler zitieren. Er sprach von bis zu zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Von den Verteidigungsausgaben dürften hingegen ein Großteil der Ausgaben im Ausland landen.
Die Partei Die Linke bot am Montag Union, SPD und Bündnis 90/Die Grünen Gespräche zur Reform der Schuldenbremse an. Gleichzeitig wandte sich ihr parlamentarischer Geschäftsführer Christian Görke strikt gegen Erwägungen, neue Sondervermögen aufzulegen. Es dürfe keine »finanzpolitischen Tricksereien« geben. Sonderschulden seien nicht nachhaltig und juristisch fragwürdig. Der »sauberste Weg« sei, die Schuldenbremse abzuschaffen. Das betonte auch BSW-Chefin Sahra Wagenknecht: »400 Milliarden für Waffen und Kriegsvorbereitung sind einfach nur krank.« Das wäre das größte Aufrüstungspaket der bundesdeutschen Geschichte, ein Beschluss vor der Konstituierung des neuen Bundestages sei ein »Affront gegen die Demokratie«.
An den Börsen Westeuropas führten die angekündigten Milliardensummen am Montag zu einem Kursfeuerwerk, vor allem bei Rüstungspapieren. Der deutsche Aktienindex Dax erreichte erstmals die 23.000-Punkte-Marke. Die Rheinmetall-Aktie kostete bei zweistelligem Zuwachs zwischenzeitlich fast 1.200 Euro.
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