Verbarrikadiert unter Tage
Von Nick Brauns
Rund 50 Arbeiter eines Bergwerkes und angeschlossenen Wärmekraftwerks in der Gemeinde Nallıhan bei Ankara haben sich seit Sonntag in 800 Metern Tiefe verbarrikadiert. Damit protestieren die Kumpel gegen den für Dienstag angekündigten Verkauf der staatseigenen Unternehmen. »Wir haben beschlossen, uns unter Tage einzuschließen, bis ein gutes Ergebnis erzielt wird«, erklärte der Sekretär der türkischen Energie-, Wasser- und Gasarbeitergewerkschaft TES-İŞ für Zentralanatolien, Selim Arslan, in einer Videobotschaft der Arbeiter.
Der Widerstand gegen den geplanten Ausverkauf öffentlichen Eigentums an regierungsnahe Unternehmer hält seit rund 100 Tagen an. Bereits im November hatten die Bergleute sich neun Tage lang im Çayırhan-Bergwerk eingeschlossen und anschließend unter der Losung »Energie und Bergbau sind unser Heimatland, sie können nicht verkauft werden!« einen Marsch nach Ankara durchgeführt. Daraufhin verschob die Regierung den Termin für das Privatisierungsverfahren auf den 4. März 2025. Doch auch nach einer erneuten dreitägigen Demonstration, die am 13. Februar in der Hauptstadt eintraf, rückte die Regierung nicht von ihrer Privatisierungsabsicht ab, und vor der Mine blockierte Militärpolizei Ende vergangenenr Woche die protestierenden Bergleute.
Die Gewerkschaft habe versucht, die Regierung zu kontaktieren, es sei aber keine Reaktion erfolgt, berichtete der Vorsitzende der Bergarbeitergewerkschaft Maden İş, Nurettin Akçul, am Montag von der Hinhaltetaktik. Da die Stimmen der Arbeiter ungehört blieben, hätten sie keine andere Wahl gehabt, als sich unter Tage einzuschießen. »Unser Ziel ist es, den Verkauf ein für allemal zu annullieren«, so Akçul.
Unterstützung bekommen die Bergleute von der kemalistischen Oppositionspartei CHP. »Die Stimmen der Bergleute in Çayırhan, die ihr Brot mit Schweiß verdienen, zu ignorieren, bedeutet, die Arbeit selbst zu missachten«, erklärte der CHP-Oberbürgermeister von Ankara, Mansur Yavaş, der die Grube am Montag besuchte. Da Bergbaugebiet und Kraftwerk aus Steuergeldern finanziert wurden, gehörten sie der Nation, betonte der CHP-Vizevorsitzende Deniz Yavuzyılmaz auf X. Auch die Kommunistische Partei der Türkei (TKP) sicherte den Çayırhan-Arbeitern weitere Solidarität zu.
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