Aufmarsch mit Nazikorps
Von Susann Witt-Stahl
Berlin entwickelt sich zum Aufmarschgebiet faschistischer Horden. Kurz nach dem Besuch der »Asow«-Brigade der Kiewer Nationalgarde gönnte sich das »Russische Freiwilligenkorps« (RDK), das unter dem Kommando des ukrainischen Militärgeheimdiensts kämpft, seinen ersten großen Deutschlandauftritt. Kombattanten und einige Dutzend Unterstützer der paramilitärischen Neonazieinheit bildeten vergangenen Sonnabend einen Block auf der »Anti-Putin-Demo«, die am Potsdamer Platz startete und an deren Spitze die Witwe des rechten russischen »Dissidenten« Alexej Nawalny lief.
Auf dem blauen Fronttransparent und auf Fahnen des Blocks von »RDK« prangte das weiße Schild-und-Schwert-Verbandskennzeichen. Ebenso wurde die dem Truppenkennzeichen der SS-Panzerdivision »Das Reich« entlehnte »Asow«-Wolfsangel präsentiert – ein Symbol, das in der BRD verboten ist. Diverse Teilnehmer des Aufzugs scherten sich auch nicht um das geltende Vermummungsverbot und verbargen ihre Gesichter vollständig hinter Sturmmasken oder Tüchern. Einige verteilten Flugblätter mit »RDK«-Rekrutenwerbung – laut Strafrechtsparagraph 109 h eine Straftat –, auf denen sich die Nazicodes »88« für »Heil Hitler!« und »14« für die »Fourteen Words« der White-Supremacy-Bewegung finden. Nach derzeitigem Kenntnisstand griffen die anwesenden Polizeibeamten nicht ein. Wie Videos dokumentieren, konnte der Neonazimob sogar ungehindert die Morddrohung »Anstelle von Blättern werden Putinisten an den Bäumen hängen« skandieren.
»RDK«-Chef Denis »White Rex« Kapustin war zwar nicht angereist – mutmaßlich wegen eines 2019 verhängten und noch geltenden Einreiseverbots in den Schengen-Raum –, dafür aber andere, auf den Fahndungslisten russischer Sicherheitsbehörden versammelte militante Kriminelle. So auch Wladimir Ratnikow aus Moskau, Führer des nazistischen »Schwarzen Blocks«, der »politisches Asyl« in Litauen erhalten hat. Er war einer der Organisatoren des Aufmarschs, an dem auch deutsche Faschisten mit einem »Antikommunistische Jugend«-Banner teilnahmen. »RDK« wird von der Neonazikleinpartei »Der III. Weg« unterstützt. Personen aus deren Umfeld bilden ein dem »RDK« angeschlossenes Deutsches Freiwilligenkorps; im August 2024 traf man sich auf einer »Nation Europa«-Konferenz im westukrainischen Lwiw.
Laut Ratnikow beteiligten sich aber vorwiegend russische Migranten am »RDK«-Block in der »Anti-Putin-Demonstration«, die laut Polizei rund 800 Teilnehmer zählte. Auch »RDK«-Kämpfer Ilja Bogdanow, ehemaliger Zugführer einer Einheit des »Rechten Sektors«, der auf Social-Media-Fotos mit Hitlergruß zu sehen ist, genoss den rechtsfreien Raum in Berlin. Vor laufender Kamera versicherte Bogdanow, er wache im Auftrag seines Führers »White Rex« darüber, dass keine russischen Fahnen in seiner Kolonne geschwenkt werden.
Das 2022 gegründete »RDK« gilt derzeit als eine der gefährlichsten Neonaziorganisationen der Welt – dank der Förderung der Selenskij-Regierung, Deutschlands und anderer NATO-Länder: »Wir bekommen ein Gehalt, offizielle Dokumente, Veteranenstatus. Außerdem haben wir westliche Waffen, die besten Modelle«, prahlte Kapustin vergangenes Jahr und behauptete, es winke bereits die Lieferung von zwei »Leopard«-Panzern.
»RDK« sieht sich in der Tradition der russischen Wlassow-Armee, die im Zweiten Weltkrieg für Nazideutschland gegen die Sowjetunion kämpfte; einige Angehörige tragen sogar das Truppenkennzeichen der berüchtigten SS-Sondereinheit »Dirlewanger« an ihrer Uniform. Je mehr deutsche Kontinuitäten sich abzeichnen, desto entschlossener werden sie geleugnet: Von ARD-»Tagesschau« bis Berliner Zeitung – für die deutschen Qualitätsmedien gab es keinen »RDK«-Block auf der Demonstration, nur »Menschenrechtsaktivisten« und andere »russische Oppositionelle«. Und für die kriegstüchtige Politik und Zivilgesellschaft, inklusive autonomer Antifa, hieß es: »Nix da, alerta, antifascista!« – Proteste der »wehrhaften Demokratie« gegen das schaurige Nazispektakel blieben vollständig aus.
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