Im Kampf gegen die Waffenschwemme
Von Volker Hermsdorf
Mexikos juristische Offensive gegen US-amerikanische Waffenproduzenten und -verkäufer begann im September 2021 mit einer Zivilklage gegen die größten Akteure der Branche, darunter Smith & Wesson, Barrett Firearms, Beretta USA, Colt’s und Glock sowie den Großhändler Interstate Arms. Die Regierung von Präsident Andrés Manuel López Obrador (2018–2024) warf den Beklagten fahrlässige Geschäftspraktiken und mangelnde unternehmerische Verantwortung vor, da sie sich an der Bewaffnung von Drogenkartellen und anderen kriminellen Gruppen bereichern würden.
Der Verkauf von Schusswaffen ist in Mexiko streng begrenzt und wird vom Staat kontrolliert, aber Zigtausende Waffen kommen illegal aus den USA ins Land. Nach Angaben der US-Behörde für Alkohol, Tabak, Feuerwaffen und Sprengstoffe (ATF) werden jedes Jahr etwa 200.000 Waffen über die Grenze geschmuggelt. Profiteure sind neben den Herstellern etwa 9.000 Händler in den vier angrenzenden US-Bundesstaaten Arizona, Kalifornien, New Mexiko und Texas. In der Klage auf Entschädigung in Millionenhöhe führten die Vertreter Mexikos an, dass zwischen 60 und 70 Prozent der im Jahr 2019 beschlagnahmten Waffen aus den USA stammten und ihr illegaler Verkauf mit 17.000 Todesfällen in Verbindung gebracht wurde. Eine Entschädigung sollte nicht nur für die tödliche Gewalt erfolgen, die durch die illegalen Waffenströme verursacht wurde, sondern auch für die Kosten des Kampfes gegen Drogenkartelle und die wirtschaftlichen Verluste in Branchen wie dem Tourismus. Im August vergangenen Jahres entschied das Gericht in Massachusetts, bei dem die Klage 2021 eingereicht worden war, dass gegen sechs der acht zunächst beklagten Unternehmen keine Verfahren eingeleitet werden, da das Gericht keine Zuständigkeit für die Angelegenheit habe.
Der Hersteller Smith & Wesson und der Großhändler Interstate Arms beantragten im selben Monat beim mehrheitlich konservativ besetzten Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, zu prüfen, ob die Ansprüche der mexikanischen Regierung eine Verletzung der Souveränität und der Gesetze des Landes darstellen. Sie beriefen sich auf das Gesetz zum Schutz des rechtmäßigen Waffenhandels (Protection of Lawful Commerce in Arms Act, PLCAA), ein von Waffenlobbyisten während der Regierung von George W. Bush gefördertes und 2005 verabschiedetes Gesetz, das sie vor Klagen schützt, die von Dritten in den USA angestrengt werden. Hersteller und Händler erklärten, dass sie keine Verpflichtung hätten, »die mexikanische Regierung vor mexikanischen Kriminellen zu schützen, die diese Waffen in Mexiko missbrauchen«.
Vor der Anhörung beim Supreme Court hatte das mexikanische Außenministerium am 6. Februar versichert, dass die Regierung ihre rechtliche Strategie gegen Waffenhersteller und -verkäufer intensivieren und auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene alle juristischen Möglichkeiten ergreifen werde, um den illegalen Waffenhandel und die Gewalt im Land zu reduzieren. Nachdem die Trump-Regierung sechs mexikanische Kartelle zu terroristischen Organisationen erklärt hatte, kündigte Präsidentin Claudia Sheinbaum an, die Klage gegen US-Waffenhersteller um den Vorwurf der Komplizenschaft mit Terroristen zu erweitern. Durch eine Verfassungsänderung soll außerdem künftig jeder Staatsangehörige oder Ausländer, »der an der illegalen Herstellung, dem Vertrieb, dem Verkauf und dem internationalen Transfer von Waffen beteiligt ist, sowie jeder Ausländer, der sich an illegalen Aktivitäten auf mexikanischem Territorium beteiligt«, mit der höchstmöglichen Strafe belegt werden.
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