Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 07.03.2025, Seite 1 / Kapital & Arbeit
Jobvernichtung

Mehr Lohn, weniger Jobs

Kurz nach der Tarifeinigung will die Post AG 8.000 Stellen streichen
Von Gudrun Giese
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Kaum ist der nicht gerade üppige Tarifabschluss für die Beschäftigten der Post AG unter Dach und Fach, kündigt der Konzern Personalabbau an. Bis zum Jahresende sollen 8.000 Stellen im Brief- und Paketgeschäft gestrichen werden, wie die Unternehmensleitung am Donnerstag mitteilte. Grund seien hohe Kosten, auch infolge der Tarifvereinbarung.

Die Gewerkschaft Verdi kritisierte sowohl den Stellenabbau als auch dessen Begründung. Die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis wies »entschieden« die Behauptung zurück, der Tarifabschluss sei ein »Treiber für den Stellenabbau«. Vielmehr stelle der Abschluss »sicher, dass die Einkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit den stark gestiegenen Lebenshaltungskosten Schritt halten«. Anfang der Woche hatten sich die Verhandler auf fünf Prozent mehr Gehalt, verteilt auf zwei Jahre, und einen zusätzlichen Urlaubstag geeinigt – ein Ergebnis, das in der Belegschaft bisher auf mäßige Resonanz gestoßen ist, wie Facebook-Einträge zeigen.

Die moderate Tariferhöhung scheint aber nicht der ausschlaggebende Grund für den angekündigten Stellenabbau zu sein. Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates bei der Post AG, Thomas Held, verwies auf die Reform des Postgesetzes, die vorsieht, kleinere Zustellunternehmen künftig von der Umsatzsteuer zu befreien. Bisher genießt nur die Post AG dieses Privileg, muss im Gegenzug allerdings bundesweit als Universaldienstleister bis ins kleinste Dorf Briefe zustellen. Die Reform führe zu einem »unfairen Preiswettbewerb«, kritisierte Held und appellierte an die Bundesregierung, die früheren Zustände wiederherzustellen, da die Post AG durch ihre Verpflichtung der Zustellung sämtlicher Sendungen höhere Kosten hätte. Bliebe die Begünstigung der kleinen Wettbewerber, drohe weiterer Stellenabbau, der über die angekündigten 8.000 Stellen hinausgeht. Ende 2024 waren noch 187.000 Menschen bei der Post AG in Deutschland beschäftigt.

Auf den Aktienkurs der Dachfirma DHL wirkte sich die Ankündigung positiv aus, er legte um bis zu 12,9 Prozent zu. Die Analysten von J. P. Morgan lobten den angekündigten Personalabbau, da er der Gewinnsteigerung diene.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Marion F. (7. März 2025 um 10:15 Uhr)
    Das Verhandlungsergebnis ist ein schlechter Witz. Die vorgesehenen Lohnerhöhungen werden nicht mal ein Inflationsausgleich sein. Am schlimmsten ist aber, dass Verdi dies als »ordentliches Ergebnis« verkauft. Die Gewerkschaften sollten verstehen, dass die Beschäftigten nicht blöd sind.

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