E-Traktoren auf dem Feld
Von Georges Hallermayer
Ja, das ist die Frage: Exportmarktlücke oder Entwicklungsprojekt? Nigerias Außenminister Yusuf Tuggar begrüßte laut Agence Ecofin Ende Februar am Rande des G20-Treffens im südafrikanischen Johannesburg die Pläne von Volkswagen, »mit Unterstützung der deutschen Regierung im Rahmen der Bemühungen um eine bessere Mechanisierung der Landwirtschaft E-Traktoren in Nigeria einzuführen«.
Mehr als ein Drittel der nigerianischen Bevölkerung ist in der Landwirtschaft beschäftigt. Und die Beschäftigten in diesem Sektor erwirtschaften knapp 23 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Dennoch, der Ausbau- und Entwicklungsbedarf ist groß, denn der Mechanisierungsgrad in der Landwirtschaft des ölreichen Landes beträgt nur 0,027 Pferdestärken (PS) pro Hektar (ha), während die FAO, die Welternährungsorganisation der UNO, 1,5 PS/ha empfiehlt.
Um den Grad der ländlichen Mechanisierung und Motorisierung zu beschleunigen investiert die Regierung in den kommenden Jahren 30 Milliarden Naira (19,3 Mio. US-Dollar) in wissenschaftliche Agrarprojekte an 30 Universitäten. Und beim US-Multi Deere & Co. werden bis 2029 10.000 Traktoren bestellt. Aber das nigerianische Mechanisierungsprojekt geht mit der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und Volkswagen (VW) übers simple Business hinaus: Stichwort »Genfarm«.
Nigeria übernimmt – ohne Einzelheiten zu nennen – das in Ruanda mit dem dortigen Landwirtschaftsministerium entwickelte Pilotprojekt des sogenannten E-Hubs »Genfarm«, eine Anlage, die an eine landwirtschaftliche Traktorenstation in der DDR erinnert. Im Mittelpunkt steht ein in Zusammenarbeit von Siemens und GIZ entwickelter E-Traktor. Ein erschwinglicher Alleskönner, der 2020 von RICA, dem Rwanda Institute for Conservation Agriculture, erfolgreich getestet wurde. Bereits im Juni 2023 hatten ruandische und nigerianische Vertreter ein Abkommen zur Übernahme des Projekts unterzeichnet.
RICA betreibt die Forschung und übernimmt auch die Ausbildung der zukünftigen Farmer, GIZ ist an der Beschaffung von Maschinen beteiligt. Das VW Group Innovation Center liefert die E-Traktoren und E-Scooter, während VW Mobility Solutions Rwanda den Betrieb organisiert. Die Anlage samt Montagwerk in Gashora im Distrikt Bugesera (60 Kilometer von Ruandas Hauptstadt Kigali entfernt) wird mit durch Photovoltaik erzeugtem Strom betrieben und steht den Landwirtschaftskooperativen des Distrikts ab Frühjahr 2025 zur Verfügung. »Landwirte können einen Elektrotraktor mit einem geschulten Fahrer für eine nachhaltige und erschwingliche Landwirtschaft buchen«, sagte unlängst Nikolai Ardey, Forschungsdirektor bei VW. Der einzige finanzielle Kostenpunkt sei das Batterieumtauschsystem. Und Serge Kamuhinda, der Vorstandsvorsitzende von VW Ruanda, betonte jüngst in der in Kigali herausgegebenen Tageszeitung The New Times, dass »elektrische Traktoren die Grundlage für die wirtschaftliche Transformation Afrikas sind und den afrikanischen Bauern eine würdige Zukunft bieten.«
Nun ja, so altruistisch dürften die Ambitionen des deutschen Autobauers nicht sein, schließlich ist der afrikanische Kontinent ein riesiger Absatzmarkt, auch für elektromobile Landmaschinen.
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