Faktenchecker des Tages: NATO-Experten
Von Felix Bartels
Es gibt zwei Sorten Narrative. Solche, die nur zum Teil stimmen, und solche, die komplett Bullshit sind. Das mächtigste und zugleich dümmste unserer Tage steht im Dienst der Hochrüstung. Es behauptet, Europa stehe gegenüber Russland schwach da und müsse nachrüsten. Zur Bekräftigung wurde im Frühjahr 22 ein Heer von Fachleuten aus der Reserve geholt. Die Rollenvergabe: da ihr Friedensfreunde, nett, aber weltfremd, hier wir Experten, auch nett, aber Experten. Entsprechend schritten am Mittwoch »namhafte deutsche Wissenschaftler« zur Tat. Dass die Leute Namen haben, ließ sich vielleicht auch ohne Agenturdeutsch denken. Sie heißen Carlo Masala, Christian Mölling oder – pun intended – Claudia Major. Ihr Appell »Einigt euch« fordert zu einer sofortigen Erhöhung der »Verteidigungsausgaben« auf. Dass das skizzierte Szenario mit der Wirklichkeit kollidiert, belegte zuletzt eine von Greenpeace publizierte Studie.
Selbst kaufkraftbereinigt und nach Abzug des beträchtlichen Anteils der USA haben die verbleibenden NATO-Staaten beim Militäretat ein Übergewicht von 120 Milliarden US-Dollar gegenüber Russland, und das, ohne zur Zeit im Kriegsbetrieb zu sein. Bei nahezu allen Waffensystemen besitzen sie ebenfalls, qualitativ wie quantitativ, hohe Überlegenheit. Desgleichen bei der Truppenstärke, wo ein Verhältnis 2:1 besteht – vor Mobilisierung. Besonders auffällig ist das Ungleichgewicht beim Rüstungsumfeld. Die europäischen Staaten können auf eine vielfach größere Industrie zugreifen. Von den 100 größten Rüstungskonzernen der Welt kommen 42 aus den USA, 30 aus den übrigen NATO-Ländern, aus Russland: 2.
Die »Verteidigungsfähigkeit Europas« darf »kein Preisschild haben«, schallt es gleichwohl aus dem Kaninchenbau. Natürlich wird sie das. In den Sozialeinrichtungen, den Schulen, der Kultur, den Supermärkten.
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