Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 17.03.2025, Seite 8 / Ansichten

Hand in Hand

EVP-Chef Weber erwägt Kriegswirtschaft
Von Jörg Kronauer
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Geld allein genügt nicht. Natürlich braucht man Milliardenbeträge, wenn man die EU – wie manche inzwischen formulieren: von zwei Seiten bedrängt, von Russland und den Vereinigten Staaten – zum waffenstarrenden Weltkriegsblock hochrüsten will. Orientierungspunkt am Rüstungshorizont der »Europäer« ist damit die horrende Militärmacht der USA. Dazu braucht man riesige Summen. Bis zu 800 Milliarden Euro will die EU-Kommission mobilisieren, und es soll schnell gehen: Noch in dieser Woche wollen die Staats- und Regierungschefs des europäischen Kriegskartells in spe die Pläne von Ursula von der Leyen abnicken. Dann kann sie beginnen, die Ära der Panzer, der Killerdrohnen, der ungehemmten, KI-gesteuerten Cyberattacken. Europa ist die Wiege nicht bloß des Kapitalismus und des Imperialismus, sondern auch – mit seinem speziell deutschen Element – des Weltkriegs. Der Kontinent, so scheint es, will sich treu bleiben.

Geld aber genügt dafür, wie gesagt, nicht. Panzer müssen immer noch geschmiedet, Munition gegossen, Drohnen montiert werden. Dafür braucht man auch im digitalen Zeitalter schnöde Fabriken und im Umfeld der Produktion eine funktionierende Bürokratie. Erstere werden in Europa längst aus- und neu aufgebaut, doch das Tempo reicht vermutlich nicht, um 800 Milliarden Euro so schnell wie gewünscht in tötendes Eisen zu verwandeln. Und die Bürokratie in der EU? Nun ja. Manfred Weber (CSU), Boss der Europäischen Volkspartei wie auch ihrer Fraktion im Europaparlament, hat am Wochenende ein Konzept aufgegriffen, das in seiner deutschen Heimat schon längst diskutiert wird: die Umstellung auf Kriegswirtschaft. Dann könnte man etwa, wenn die »Leoparde« zu langsam vom Band rollen, den Arbeitern Nacht- und Wochenendschichten oktroyieren, man könnte auch zivile Kfz-Werke per Dekret in Haubitzenschmieden verwandeln. Und warum nicht gleich, so meint Weber, ein gemeinsames EU-Führungskommando installieren, in dem ein EU-Generalstabschef Rüstungsproduktion und Streitkräfte befehligt?

Fehlt freilich noch ein drittes: Irgendwer muss das alles beschließen. Dazu benötigt man, will man den demokratischen Schein noch wahren, Mehrheiten im Parlament. Was, wenn sich im Europaparlament die eine oder andere Sozialdemokratin oder Grüne querstellt? Nicht die deutschen natürlich, die sind beflissen auf Kriegskurs. Weber rät zu einem Kurswechsel hin zu einem »bürgerlichen Europa«, einem, in dem man, so muss man ihn wohl verstehen, »nicht rechts und nicht links« guckt, sondern nur »geradeaus«, im sicheren Bewusstsein, dass sich ultrarechte Hardliner bzw. Faschisten hemmungsloser Militarisierung ebenso wenig widersetzen werden wie Abschiebeorgien. Und wenn es dann zu einer Mehrheit aus konservativen und extrem rechten Kräften kommt? »Dann haben wir dies zu akzeptieren«, erklärte Weber in der Welt am Sonntag. Krieg und Faschismus bzw. dessen auf das 21. Jahrhundert zugeschnittene Form gehen eben, der Sachlogik folgend, immer noch Hand in Hand.

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