Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 02.04.2025, Seite 8 / Ansichten

Verteidigungsmaßnahme des Tages: Marode Infrastruktur

Von Nick Brauns
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Schäden an der Autobahnbrücke über dem Duisburger Hafen

Die Verkehrsminister der Länder sorgen sich angesichts maroder Infrastruktur um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands. »Eine verlässliche Mittelausstattung für die zivile Verkehrsinfrastruktur ist auch eine unabdingbare Voraussetzung für eine belastbare Krisenresilienz sowie die Bündnis- und Vereidigungsfähigkeit Deutschlands«, lautet ein Beschlussvorschlag für die am Mittwoch in Nürnberg beginnende Verkehrsministerkonferenz. Weiter heißt es, »die militärische Mobilität« sei für eine »reibungslose Verlegung und Versorgung eigener wie verbündeter Streitkräfte über die Drehscheibe Deutschland« unerlässlich, dies gelte insbesondere für die Straßennetze.

Tatsächlich verhält es sich genau umgekehrt. Denn ein Deutschland, das als zentrale Drehscheibe für die Verlegung von NATO- und insbesondere US-Truppen an die russische Grenze dient, wie in den Defender-Manövern geprobt, droht damit im Ernstfall erst recht zum zentralen Kriegsschauplatz zu werden.

Die alte Bundesrepublik war noch mit einer Vielzahl von vorbereiteten Sperren wie Sprengschächten in Straßen und Sprengstoffkammern in Brückenpfeilern übersät. So sollten die Truppen des Warschauer Paktes im Falle ihres von NATO-Propagandisten herbeihalluzinierten Einmarsches ausgebremst werden. Nach dem Ende des Kalten Krieges wurden diese Sperren meist beseitigt.

Heute braucht es solche künstlichen Hindernisse gar nicht mehr, Rost und spröder Beton tun es auch. Die Russenpanzer würden bei ihrem angeblich in Jahresfrist bevorstehenden Durchmarsch diesseits von Oder und Neiße unweigerlich von einbrechenden Brücken und unpassierbaren Straßen gestoppt. Was Moskau die Rasputiza – die schon für Opas Wehrmacht verhängnisvolle Schlammperiode –, das ist uns die kaputtgesparte Infrastruktur: natürliche Landesverteidigung.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (2. April 2025 um 09:36 Uhr)
    Der Artikel vom 1. April könnte als Aprilscherz durchgehen, doch er wirft ernsthafte Fragen auf: Wie konnte es überhaupt zu dieser maroden Infrastruktur kommen? Deutschland war jahrzehntelang Exportweltmeister und erwirtschaftete enorme Staatsüberschüsse. Doch während China seine Einnahmen nicht nur im eigenen Land, sondern weltweit erfolgreich investiert, scheint Deutschland kaum nachhaltige Fortschritte gemacht zu haben. Das wirft die zentrale Frage auf: Wo sind diese Überschüsse geblieben? Wer hat davon profitiert? Nicht nur Straßen und Brücken verfallen, sondern auch die Digitalisierung steckt im Mittelalter fest, und selbst eine flächendeckende Schulverpflegung ist nicht selbstverständlich. Während oft über Korruption in Osteuropa geklagt wird, stellt sich die berechtigte Frage: Wie kann es sein, dass ein wirtschaftlich so starkes Land wie Deutschland mit solchen grundlegenden Problemen kämpft? Statt nur über die Verteidigungsfähigkeit der Infrastruktur zu diskutieren, sollte endlich geklärt werden, warum es überhaupt so weit gekommen ist – und wer für dieses Versagen Verantwortung trägt.
  • Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (2. April 2025 um 03:28 Uhr)
    »Die Verkehrsminister der Länder sorgen sich angesichts maroder Infrastruktur um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands.« Wenn Brücken unter schwerem Militärgerät zusammenbrechen, dann kommt der Angreifer nicht herein. Allerdings wusste bereits der »Führer«, dass ein Angreifer dann auch nicht herauskommt, vor allem nicht schnell (Autobahnen). Außerdem senkt eine verkommene Infrastruktur, der absolute Mangel an Bodenschätzen, ergänzt durch eine verhetzte Bevölkerung, den Anreiz für einen Angreifer. Was außer Ärger und Zusatzkosten sollte Russland in Deutschland suchen? »… die Rasputiza – die schon für Opas Wehrmacht verhängnisvolle Schlammperiode«. Das Liedchen kennen wir. Die Deutschen waren überlegen und die Russen schwach. Nur der Schlamm und der Winter hat die gerettet. Die Schlammperiode und die niedrigen Wintertemperaturen waren doch der mit aller Gründlichkeit hochgerüsteten Wehrmacht vorher bekannt? Womit sie nicht rechneten, war das Durchhaltevermögen, die Opferbereitschaft und vor allem das Gedächtnis der Russen, welche z. B. jetzt im Gegensatz zu Deutschland 27.000.000 Tote nicht vergessen haben. In Russland wird keiner mit Gewalt von der Straße weg gefangen und an die Front transportiert, wie in der Ukraine. Es melden sich genug Freiwillige. Der Hauptgrund 1941 lag in der westlichen Arroganz zu glauben, Russland könne man schnell bezwingen, der Krieg würde bis Weihnachten 1941 beendet sein, man könne deshalb auf Winteruniformen verzichten. Bis zum Schlamm im Frühjahr ist der Krieg zu Ende, ähnlich wie beim Blitzkrieg ab 1914. Der Fehler bestand darin, dass die Nazis die eigene Propaganda glaubten, es würde sich um undisziplinierte Untermenschen handeln, die selbst begierig seien, sich vom Regime Stalins zu befreien. Wer jetzt unter dem Stichwort »Putin-Regime« welches alle unterdrücken würde, den Patriotismus der Russen unterschätzt und die eigene Propaganda glaubt, der wird erneut Schiffbruch erleiden.

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