Gegründet 1947 Freitag, 25. April 2025, Nr. 96
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 03.04.2025, Seite 11 / Feuilleton
Film

Immer da

Val Kilmer ist tot
Von Felix Bartels
imago88712071.jpg
Val Kilmer auf Promotion für »Kiss Kiss, Bang Bang« (Hollywood, 16.10.2005)

Der Kosmos singt, wenn ein Kreis sich schließt. Die Heldenreise ist das wichtigste Motiv des Films. Der Held wird aus seiner Umgebung geschlagen, muss durch die Welt und kehrt am Ende zurück. Aber nicht als derselbe, bereichert durch die große Erfahrung. Val Kilmers Karriere war eine Heldenreise. In »Top Gun« (1986) hatte er seine erste richtig große Rolle, in »Top Gun: Maverick« (2022) seine letzte. Am Dienstag starb er mit 65 Jahren in L. A. an den Folgen einer Lungenentzündung, wie US-Medien unter Berufung auf die Tochter des Schauspielers berichten.

Die letzten Jahre waren nicht leicht. Der Krebs hatte ihn im Kehlkopf erwischt, eine Chemotherapie und ein Luftröhrenschnitt schwächten den Mann, der in seinen besten Jahren zu sein hatte, doch seine schöne Stimme verlor. Das Top-Gun-Sequel integrierte das Schicksal des Schauspielers in die Handlung, der von Kilmer verkörperte Iceman leidet ebenfalls unter dem Verlust seiner Stimme. Auch wenn der Film irgendwie bloß okay war, bei der großen Wiederbegegnung von Maverick und Iceman waren wir wehrlos. Hollywood dreht nicht nur Geschichte, es schreibt sie auch.

Es mag an der verhaltenen Spielweise des Schauspielers liegen, dass mir erst spät klar wurde, dass er immer da war. 1984, als ich Kino wahrzunehmen begann, hatte er seine erste Hauptrolle. Die launige Klamotte »Top Secret« nahm das Spionagemilieu ins Visier. Wir Kinder der DDR waren natürlich dagegen, doch die Komödie, die uns durchs Westfernsehen erreichte, kitzelte uns. Ohne es auf den Begriff bringen zu können, bemerkten wir eine der großen Schwächen des sozialistischen Staats: dass ihm die kulturelle Tradition fehlte, sich selbst auf die Schippe zu nehmen. 1991 verkörperte Kilmer in »The Doors« Jim Morrison, die Orgel hämmerte sich ins Ohr. Im Schnelldurchlauf holte ich die Bandgeschichte nach, unser Spotify damals war der Walkman. 1995 sah ich Kilmer das erste Mal im Kinosaal, in »Batman Forever«, den etwas weniger schlechten der beiden schlechten Schumachers. Das im selben Jahr erschienene Heist-Epos »Heat« sah ich erst Jahre später auf VHS.

Ganz in die A-Riege hat Kilmer es nicht geschafft, und unter den zahllosen weniger bekannten Filmen scheint nur eine Handvoll der Erwähnung wert. »Kiss Kiss Bang Bang« (2005) etwa, eine Gaunerkomödie in der Tradition von Wilder und Lubitsch, oder Werner Herzogs »Bad Lieutenant« (2009). Gewiss war Kilmer kein Christopher Walken, einer, dessentwegen man einen Film sah, doch er war einer, der jeden seiner Filme, die schlechten wie die guten, besser gemacht hat.

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Mehr aus: Feuilleton