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Aus: Ausgabe vom 09.04.2025, Seite 8 / Ansichten

Verfolgtes Gewächs des Tages: Hopfen

Von Arnold Schölzel
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Reifer Hopfen

Ohne Hopfen kein Bier, ohne Bier kein Hopfen. Der Braukonzern Anheuser-Busch Inbev beherrscht die Bierwelt, wirft ungenießbare, aber »hippe« Hopfenkaltschalen mit neuen Rezepturen auf den globalen Markt, vertreibt mit seiner Einheitsplörre anspruchsvolle Trinker und untergräbt seine eigene Geschäftsgrundlage. Das heißt im Schönfärberjargon »Fehlkalkulation des Managements« und ist faulender Kapitalismus. Mit dem Dichter Peter Hacks gesagt: In der Wurst kein Fleisch, in der Marmelade kein Obst, Autos erreichen nach Auslieferung nicht die nächste Werkstatt, Züge kommen nicht an. So weit, so gesetzmäßig.

Jetzt aber ist Alarm zu schlagen wie bei »Last order« im Pub: Der Wunsch »Hopfen und Malz, Gott erhalt’s« wurde nicht erhört. Gott streikt selbst in Bayern. Am Dienstag berichtete dpa von den Hopfenplantagen: »Ein teils massiver Preisverfall bei der Bierzutat bringt derzeit viele Pflanzer dazu, Teile ihrer Felder zu roden.« Bis zu 90 Prozent weniger als vor einem Jahr fürs Kilo erhalten die Bauern laut Verband Deutscher Hopfenpflanzer, das liege unter den Herstellungskosten. Hierzulande sollen 2.000 Hektar Anbaufläche von 20.300 Hektar im vergangenen Jahr stillgelegt werden, ähnlich viel in den USA, die auf dem zweiten Platz der Weltproduktion liegen. Wie viele von den Hanfpflanzen beseitigt werden, weiß allerdings niemand, und der Pflanzerverband beruhigt, niemand müsse sich Sorgen um sein Bier machen. Die Brauereien hätten genügend Vorräte angelegt. Wer’s glaubt. Nur eins ist sicher: Die Bierpreise steigen.

Zum Glück hat Thomas Gsella in dieser Zeitung in seinem »Offenen Brief an den Tee« gesagt, wie Trost zu finden ist: »Und gleichwohl munden, Tee, auch kühle Tropfen. / Und nähmst statt Kraut / Du fürderhin Malz, Alkohol und Hopfen: / Ich wär erbaut.« Trinken hilft.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten Andreas S. aus Berlin (9. April 2025 um 12:21 Uhr)
    Gut zu wissen, Herr Schölzel! Aber: Anspruchsvolle TrinkerINNEN und Trinker sind es. Obwohl: Warum Bier, wenn beim Wein danach viel weniger Spülwasser in den Geschäftsstellen (früher: WC oder 00) verschwendet wird?

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