Böser Wurm
Von André Dahlmeyer
Einen wunderschönen guten Morgen! In Südamerika haben die Gruppenphasen der 66. Copa Libertadores sowie ihrer kleinen Schwester, der 24. Copa Sudamericana, begonnen. Die argentinischen Boca Juniors scheiterten in der Quali für die Libertadores so frühzeitig an Alianza Lima, dass sie überhaupt nicht international antreten dürfen. Corinthians Paulista konnte sich gegen Barcelona aus Guayaquil (Ecuador) nicht behaupten, spielt aber wenigstens noch die Sudamericana. In der Copa Libertadores verlor Titelverteidiger Botafogo aus Rio de Janeiro gleich zum Auftakt am 3. April in Santiago gegen die Universidad de Chile mit 0:1. Corinthians-Bezwinger Barcelona besiegte beim Heimdebüt am Mittwoch auch das starke Independiente del Valle, ebenfalls aus Ecuador.
Argentiniens Rekordmeister River Plate aus Buenos Aires trat tags drauf auf über 3.800 Meter Höhe in der dünnen Luft von Lima bei Universitario an. Das Stadion der »U« fasst rund 80.000 Zuschauer und gehört zu den größten der Welt. Im August vergangenen Jahres übernahm Marcelo Gallardo bei River Plate das Traineramt von seinem Nachfolger Martín Demichelis, mit dem die Fans nicht warmgeworden waren. Gallardo kehrte zu seiner alten Liebe nach einem kurzen Gastspiel in Saudi-Arabien zurück, das sich als Missverständnis erwiesen hatte. Er ist der erfolgreichste Trainer der Vereinsgeschichte, unter anderem gewann er zweimal die Copa Libertadores mit den Riverplatenses.
Doch der Wurm ist immer noch drin. Ein überaus hartnäckiger, gefräßiger Wurm. Zwar befindet sich der Millonario in der lokalen Liga Profesional klar auf Achtelfinalkurs, die Mannschaft hat erst ein Meisterschaftsspiel verloren. Aber wie sie spielt, gefällt den Fans so ganz und gar nicht. Gallardos Schutzbefohlene würden mit ihrem Geplänkel die Tradition des Klubs beleidigen, hört man immer wieder. Wer in Argentinien Zweiter wird, gilt als Verlierer. Wer Erster wird, wird nicht bedingungslos gefeiert. Immerhin: Der Copa-Start glückte – 1:0 durch ein frühes Tor des chilenischen Innenverteidigers Paulo Díaz. Der Rest war Verwaltungskram, der erste Dreier im Sack. Gut sah das wieder nicht aus. Da halte ich es mit Menotti, ein 4:5 kann schöner sein als ein 1:0. Fußball ist ein Sport und keine Hennecke-Bewegung.
Racing Club aus Avellaneda, einem industriellen Vorort von Buenos Aires, demonstriert auch weiterhin, wie man brasilianische Topklubs zum Frühstück verspeist. In der Copa Sudamericana besiegten sie vergangenes Jahr zunächst Bragantino, dann Athletico Paranaense (Viertelfinale), Corinthians (Semis) und im Finale Cruzeiro Belo Horizonte (dessen Mehrheitsaktionär Ronaldo Nazário ist). In den beiden Finals der sogenannten Recopa (südamerikanischer Supercup) demütigten sie im Februar zweimal Brasiliens Meister Botafogo, krönten sich im Rückspiel gar in Rio. Nun kam der Fortaleza EC aus der gleichnamigen Küstenmetropole unter die Räder – 0:3 auf eigenem Platz, fast ein Klassenunterschied.
Argentiniens Meister Vélez Sarsfield drehte am Donnerstag in einer dramatischen Nachspielzeit noch einen Rückstand gegen Peñarol Montevideo (2:1) und in der bolivianischen Coca-Hochburg Cochabamba besiegte überraschend ein Klub namens San Antonio Bulo Bulo auf 2.574 Metern Höhe das paraguayische Schwergewicht Club Olimpia (Asunción) mit 3:2. Es war das erste internationale Match in der Geschichte des Klubs, der letztes Jahr erstmals aufgestiegen war und auf Anhieb die bolivianische Meisterschaft gewann. Für das Team läuft unter anderem Erwin Júnior Sánchez auf, der Sohn des legendären Erwin »Platini« Sánchez.
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