Dein roter Faden in wirren Zeiten
Gegründet 1947 Dienstag, 15. April 2025, Nr. 89
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Dein roter Faden in wirren Zeiten Dein roter Faden in wirren Zeiten
Dein roter Faden in wirren Zeiten
Aus: Ausgabe vom 10.04.2025, Seite 1 / Titel
Kriegsvorbereitung

Die Welt ist nicht genug

Die Bundeswehr stellt ihr neues Führungskommando auf und beschafft sich eine Drohnenflotte. Die Truppe plant zudem ein eigenes Satellitensystem
Von Philip Tassev
1.jpg
Den blauen Planeten von oben sehen: Das will auch das deutsche Militär

Mit einem Aufstellungsappell ist am Mittwoch in der Berliner Julius-Leber-Kaserne das Operative Führungskommando der Bundeswehr in Dienst gestellt worden. Damit wird der »Osnabrücker Erlass« umgesetzt, den Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) vor einem Jahr verkündet hatte. Beim »OpFüKdoBw« ist künftig die gesamte operative Einsatzplanung gebündelt. Zu seinen Aufgaben gehören die Koordinierung von Einsätzen aller Art und die Führung von nach Bedarf gebildeten Kommandos der Teilstreitkräfte, es dient aber auch als zentrale Ansprechstelle für NATO und EU und soll die Funktionsfähigkeit der »Drehscheibe Deutschland« sicherstellen. Zudem ist es zuständig für den Kontakt zu »zivilen Akteuren« im Rahmen des geheimen »Operationsplans Deutschland«. Auch die für den Einsatz im Inneren vorgesehene neue »Heimatschutzdivision« ist dem Führungskommando unterstellt. Es ist damit laut Armee »Ausdruck der konsequenten Ausrichtung der Bundeswehr auf die Landes- und Bündnisverteidigung«.

Die Befähigung der deutschen Streitkräfte zu einem großen Krieg geht auch an anderer Stelle voran. So berichtete das Handelsblatt am Mittwoch, die Bundeswehr plane den Aufbau eines eigenen Satellitensystems bis 2029. Das Verteidigungsministerium bestätigte gegenüber dem Blatt, es würden zur Zeit »verschiedene Optionen für den möglichen Aufbau von (Satelliten-)Konstellationen untersucht, um den steigenden Bedarf an raumgestützter Aufklärung durch nationale Fähigkeiten zu decken«. Bisher verfügt die Bundeswehr nur über eine Handvoll Satelliten und bekommt ihre Aufklärungsdaten vor allem von den USA. An deren Zuverlässigkeit sind aber mit dem neuerlichen Amtsantritt von Präsident Donald Trump Zweifel entstanden. Pläne für eine stärkere Präsenz der deutschen Streitkräfte im Orbit sind allerdings älter. Schon vor drei Jahren hieß es aus dem Bendlerblock: »Deutschland braucht den Weltraum.«

Was Deutschland offenbar auch braucht, ist eine eigene Drohnenflotte. Vergangene Woche gab das Verteidigungsministerium bekannt, dass die Bundeswehr kurzfristig Hunderte sogenannte Kamikazedrohnen beschaffen wird. Auf lange Sicht sollen es Tausende werden. Die unbemannten Systeme seien das, was vor 100 Jahren der Panzer war: »Ein wirklicher Gamechanger.« Die kleinen und relativ günstigen Geräte, von denen hier die Rede ist, dienen weniger der Aufklärung, sondern sollen als »loitering munition« am Himmel über dem Schlachtfeld »herumlungern«, bis sie sich ferngesteuert auf ein lohnendes Ziel stürzen.

Solche Aufrüstungspläne beglücken die deutsche Industrie. So zitiert das Handelsblatt einen Referenten des Bundesverbands Luft- und Raumfahrtindustrie, der sich über die »riesige Chance, die deutsche und europäische Raumfahrtindustrie anzukurbeln« freut. Ein Unternehmen, das sich in Stellung bringt, um von dem erwarteten Kuchen ein möglichst großes Stück abzubekommen, ist das Münchner »Startup« Helsing. Die Rüstungsfirma, 2021 nach eigenen Angaben gegründet, »um unsere demokratischen Werte und offene Gesellschaft zu schützen«, und zwar »ganz gleich, wo auf der Welt«, ist dank Aufträgen aus der Ukraine zu einem der größten Hersteller von Kampfdrohnen weltweit geworden. Bereits im Februar hatte Helsing verkündet, eine »hochmoderne Multisensor-Satellitenkonstellation« für europäische Armeen zu entwickeln. Schon im nächsten Jahr sollen die ersten Satelliten ins All geschossen werden.

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

  • Leserbrief von Reinhard Hopp aus Berlin (10. April 2025 um 02:41 Uhr)
    Was wir brauchen, um dem totalen Untergang vielleicht doch noch zu entgehen, ist kein destruktiver »Gamechanger«, sondern dringend einen natürlichen »Mind Changer«, also endlich wieder zurückzukommen zu einem gesunden Menschenverstand und einem natürlichen Miteinander, statt der exzessiven Fortsetzung dieses unfassbaren bellizistischen Wahnsinns. Ist uns denn jeglicher Rest an Selbsterhaltungswille und Verantwortungsgefühl für das Leben abhandengekommen? Wenn es uns nicht schon bald gelingt, diese kriegsbesessenen Irren zu stoppen, diese skrupellosen Fanatiker zu entmachten, wird es für uns alle und alles Leben auf diesem Planeten zu spät sein. The point of no return!
    • Leserbrief von Jürgen Fleißner aus Seeheim - Jugenheim (10. April 2025 um 14:37 Uhr)
      Wenn ich die Weltpolitische Lage betrachte, egal welche Seit, fällt mir Albert Einstein ein: »Das Weltall und die Dummheit der Menschen ist unendlich. Beim Weltall bin ich mir nicht so sicher.« Ich pflichte Albert Einstein bei. Eine friedvolle Zeit wünscht J. Fleißner

Dieser Artikel gehört zu folgenden Dossiers:

Ähnliche:

  • Nach jahrelangem Streit fliegt die Drohne über Deutschland: Die ...
    16.05.2024

    Killer auf Jungfernflug

    Ersteinsatz der »German Heron TP« über Schleswig-Holstein. Union fordert ganze »Drohnenarmee«
  • Ohne klares Mandatsgebiet überall einsetzbar: Flugzeuge der Bund...
    30.04.2024

    Grenzenloser Einsatz

    Konflikt mit Teheran: Hilfe beim Abfangen iranischer Geschosse laut Bundesregierung von Anti-IS-Mandat gedeckt.