Wunschzettel des Militarismus
Von Philip Tassev![4.jpg](/img/450/205419.jpg)
Knapp zehn Tage vor der Bundestagswahl erhebt die CSU für den Fall eines Wahlsiegs der Union Anspruch auf das Verteidigungsministerium. Der Generalsekretär der bayerischen Langzeitregierungspartei, Martin Huber, begründete die »besondere Bedeutung« der Bundeswehr für die CSU gegenüber dem Portal Table Media mit den zahlreichen Militärstützpunkten und Rüstungsbetrieben in dem Bundesland.
Um diesen Anspruch zu unterstreichen, legte die Partei ebenfalls am Mittwoch einen »Masterplan zur Stärkung der Bundeswehr und der Verteidigung Deutschlands« vor. Das Papier liest sich wie ein Wunschzettel beinharter Militaristen: Auf eine halbe Million aktive Soldaten und Reservisten soll die Truppe anwachsen, die Wehrpflicht wieder eingeführt und das Militär stärker in der Gesellschaft »verankert« werden.
300 neue Kampfpanzer, 500 Schützenpanzer und 2.500 weitere Fahrzeuge sollen angeschafft werden. Weiter sieht der CSU-Plan den Aufbau einer »Drohnenarmee« mit 100.000 Drohnen aus eigener Produktion vor. Die Marine soll den ersten Drohnenträger Europas bekommen – »zum Schutz von Nord- und Ostsee und der europäischen Handelswege«. Zum Schutz des deutschen Luftraums wünschen sich die Planer einen »Iron Dome« über der BRD. So heißt das Flugabwehrsystem, das israelische Streitkräfte speziell gegen aus dem Libanon abgefeuerte ungelenkte Kurzstreckenraketen und Artilleriegeschosse einsetzen.
Die CSU meint damit hingegen offenbar ein integriertes System aus »Patriot«, »Iris-T« und »Arrow 3«-Batterien, um das ganze Spektrum von Flugzeugen über Marschflugkörper bis zu ballistischen Mittelstreckenraketen auch in großen Höhen zu bekämpfen. Angeblich nur zur »Abschreckung« wünscht sich die CSU die Anschaffung von 1.000 zusätzlichen »Taurus«-Marschflugkörpern »ausschließlich für Deutschland« und die Entwicklung eigener Cruise-Missiles mit einer Reichweite von 2.500 Kilometern für Angriffe auf Ziele wie etwa Raketensilos oder Flugplätze tief im Hinterland des Gegners, der seiner Lage nach nur Russland heißen kann. Das Papier benennt ihn nicht. Diese Forderungen dürften insbesondere auch im Interesse des Rüstungsunternehmens MBDA sein, das an mehreren Standorten in Bayern den »Taurus«, »Patriot«-Raketen und weitere Lenkwaffen produziert.
In die Offensive möchte die CSU auch im Cyber- sowie im Weltraum gehen: Die Bundeswehr soll in die Lage versetzt werden, mit sogenannten Hack-Backs auf Cyberangriffe reagieren zu können und ein militärisches »Starlink«-Satellitensystem samt eigener Startrampe bekommen.
Um all das zu bezahlen, wird in dem Papier, für das nach CSU-Angaben Parteichef Markus Söder und sein Internationaler Sekretär Florian Hahn verantwortlich sind, die Anhebung des Rüstungsbudgets auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts gefordert. Das wären aktuell rund 130 Milliarden Euro, und damit fast eine Verdreifachung des Wehretats von 2024, lässt man das 100-Milliarden-Euro-»Sondervermögen« einmal außer Acht.
Ein »Zehnjahresplan« soll darüber hinaus für »Planungssicherheit für Bundeswehr, Soldaten und Wehrindustrie« sorgen, Beschaffungsverfahren vereinfacht und Produktionskapazitäten durch langfristige Verträge »massiv« ausgeweitet werden. Die dafür notwendigen Lieferketten möchte die CSU »notfalls« auch militärisch geschützt wissen.
Um eine »enge Zusammenarbeit« von Armee und Repressionsorganen zu ermöglichen, müsse man »alle rechtlichen Spielräume« ausnutzen. Zur Bekämpfung von »hybriden Bedrohungen« werden eine »Stärkung« der Geheimdienste, die Einführung der langersehnten Vorratsdatenspeicherung und die Einrichtung eines »Nationalen Abwehrzentrums« gefordert. Das in Bayern bereits geltende Verbot der sogenannten Zivilklausel an Hochschulen möchte die CSU auf die gesamte BRD ausweiten und damit Bildungseinrichtungen zur Kooperation mit dem Militär verpflichten.
Mit ihrem »Masterplan« rennen die Bayern bei potentiellen Koalitionspartnern offene Türen ein. Ähnliche Forderungen wurden in der Vergangenheit bereits aus den Reihen von SPD, FDP und Grünen erhoben.
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