China hält dagegen
Von Arnold Schölzel
Am frühen Mittwoch nachmittag US-Ostküstenzeit teilte US-Präsident Donald Trump auf seiner Plattform Truth Social mit, er hebe für China wegen dessen »Mangels an Respekt gegenüber den Weltmärkten« die US-Zölle auf 125 Prozent an – »Inkrafttreten unverzüglich«. Am selben Tag war bereits eine Erhöhung auf 104 Prozent für chinesische Importe in Kraft getreten. Zugleich senkte Trump die US-Zölle für alle anderen Staaten auf zehn Prozent und ordnete eine 90tägige Pause für die von ihm am 2. April angekündigten Strafzölle gegen 185 Länder an. Trump begründete die Unterbrechung mit dem Wohlverhalten von etwa 75 Ländern, die nicht mit Vergeltung auf seine Zollpolitik, sondern mit der Bitte um Verhandlungen reagiert hätten – »tritt auch unverzüglich in Kraft«.
Börsen rund um den Globus reagierten zunächst mit satten Kurssprüngen nach oben. Am Donnerstag fielen aber die Leitindizes für Aktien in New York nach Handelseröffnung um jeweils rund drei Prozent. Begründet wurde das mit Sorgen wegen der Härte gegenüber China. Die EU setzte am selben Tag ihre für den 15. April geplanten Gegenmaßnahmen für 90 Tage aus, die Wirtschaftsminister der Allianz südostasiatischer Staaten, kurz: ASEAN, kamen überein, gegen die USA »keine Vergeltungsmaßnahmen zu verhängen«.
China, dessen Gegenzölle für US-Importe in Höhe von 84 Prozent am Donnerstag in Kraft traten, knickte nicht ein. Der Sprecher des Außenministeriums Lin Jian erklärte in Beijing, China wolle keine Handelskriege führen, werde aber auch nicht zurückweichen: »Sollten die USA entschlossen sein, einen Zoll- und Handelskrieg zu führen, wird Chinas Antwort bis zum Ende erfolgen.« Wenn die USA die legitimen Interessen aller Länder für ihre eigene Hegemonie opferten, stießen sie »mit Sicherheit auf stärkeren Widerstand der internationalen Gemeinschaft«. Die Sprecherin des Handelsministeriums in Beijing, He Yongqian, erklärte: »Wir hoffen, dass die USA China auf halbem Wege entgegenkommen und auf der Grundlage der Prinzipien des gegenseitigen Respekts, der friedlichen Koexistenz und der Win-win-Zusammenarbeit die Differenzen durch Dialog und Konsultation angemessen lösen werden.« Zugleich bekräftigte sie, dass ihr Land »bis zum Ende kämpfen« werde, sollte kein Kompromiss erreicht werden.
International wurde darauf verwiesen, dass die überraschende 90-Tage-Pause andere Gründe habe als Trump angab: Finanzspekulanten, aber auch Gläubigerstaaten der USA wie Japan, China und Großbritannien verkauften seit Montag in großem Maß US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit – ein Signal, dass die Papiere nicht mehr als uneingeschränkt sicher galten. Deren sogenannte Rendite stieg in kurzer Zeit von weniger als vier Prozent auf bis zu 4,51 Prozent, d. h. die Zinszahlungen der USA auf ihre Schulden wuchsen enorm. Einen derart kräftigen Anstieg hatte es zuletzt 1981 gegeben. Die aktuelle Verschuldung der USA wird mit 36,2 Billionen US-Dollar angegeben (EU: 13,3 Billionen Euro), das entspricht 123 Prozent des US-Bruttoinlandsprodukts – die größte Verschuldung eines Staates weltweit. Der US-Ökonom Paul Krugman warnte auf seinem Blog am Donnerstag angesichts eines »dummen, erratischen und schwachen Trump« vor dem »Risiko einer großen Finanzkrise«. Die Unsicherheit über die zukünftige Politik habe zugenommen.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
-
Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (11. April 2025 um 06:31 Uhr)Eine Verschuldung der USA in Höhe von 36,2 Billionen US-Dollar bedeutet auch, dass der enorme zur Schau gestellte Reichtum dieses Landes zu einem nicht geringen Teil einfach nur zusammengepumpt wurde. Es ist deshalb sehr verständlich, weshalb die aktuelle politische Führung des Landes so nervös handelt. Schulden können eben wie Kartenhäuser über einem zusammenbrechen. Der noch vor Jahren in Deutschland als unantastbar und hochgeschätzter Investor geltende Pleitier Benko hat dafür gerade ein wundervolles Beispiel geliefert. »Der Krug geht so lange zu Wasser, bis er bricht.« Wenn es im Inneren schon längst merklich kracht, bemüht er sich um ein besonders glänzendes Aussehen. Das geht besonders gut, wenn ihm das Wasser bereits aus allen Poren quillt. Das Verhalten der internationalen Finanzmärkte zeigt, dass dieses Bild gar nicht so weit hergeholt ist, wie es scheinen mag. Manche Gläubiger haben nämlich ein feines Näschen für drohende Verluste.
- Antworten
-
Leserbrief von Onlineabonnent/in Erich L. aus Berlin (10. April 2025 um 20:03 Uhr)»Deren sogenannte Rendite stieg in kurzer Zeit von weniger als vier Prozent auf bis zu 4,51 Prozent, d. h. die Zinszahlungen der USA auf ihre Schulden wuchsen enorm.« Der Satz ist nicht ganz richtig. Es geht um die auf dem Markt gehandelten Staatsanleihen. Dafür bekommt der Anleger einen festen, zugesagten Betrag jedes Jahr. (Beispiel: Angelegt wurden 10.000 Dollar. Bei vier Prozent Zinsen erhält er jedes Jahr 400 US-Dollar.) Die USA bezahlen diese Summe, unverändert vom Kurswert der Anleihen. Was sich geändert hat, ist der Wert dieser Anleihen. Die Gläubiger haben Vertrauen in die USA verloren, deshalb sind die Anleihen weniger Wert geworden. Wenn jemand den USA die erwähnten 10.000 Dollar geliehen hat, nun Zweifel bekommen hat und seinen Schuldschein verkaufen will, dann bekommt er inzwischen weniger als 10.000 Dollar (nehmen wir als Hausnummer 9.000 Dollar). Der Käufer bekommt aber für seine 9.000 Dollar die, von den USA auf den Schuldschein fest zugesagten Zinsen von 400 Dollar im Jahr. Der Käufer bekommt demnach einen höheren Zinssatz, im Beispiel 400/9000 = 4,44 Prozent. Die Zinsen haben sich erhöht, aber nur auf dem Parkett, für potentielle Käufer. Für den Staat USA hat das zunächst keine Auswirkung. Nur für die Zukunft, denn ab heute wollen die Anleger für neue Schulden der USA (die inzwischen als unsicher angesehen werden) den erhöhten Zinssatz haben. (Ihr könnt mir das glauben, habs studiert) Grüße vom Betriebswirt-Genossen Erich Lerch
- Antworten
Dieser Artikel gehört zu folgenden Dossiers:
Ähnliche:
- Amanda Perobelli/REUTERS04.04.2025
The world is mine!
- REUTERS/Aly Song05.08.2024
Mit China läuft der wahre Handelskonflikt
- jW30.09.2023
Letzter Rückhalt