Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 11.04.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
Rüstungsindustrie

Aufrüstung als Konjunkturpaket

Die deutsche Industrie soll kriegstüchtig werden
Von Sebastian Edinger
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Zwei Jahre in Folge ist die deutsche Volkswirtschaft geschrumpft, auch für das laufende Jahr sind die Perspektiven düster. Laut Prognose so düster wie in keinem anderen OECD-Land. Vor allem die Industrie schmiert ab, im verarbeitenden Gewerbe sind Umsätze und Auftragseingänge schon seit vier Jahren rückläufig. Jedes zweite Unternehmen klagt über Unterauslastung, Produktionsstätten werden ins Ausland verlagert, Beschäftigte vor die Tür gesetzt. Doch nun sehen die Konzernbosse Licht am Ende des Tunnels, die Aufrüstungspläne der Bundesregierung und anderer westlicher Staaten versprechen satte Profite.

Im Stahlsektor will nicht nur Thyssenkrupp an der Massenproduktion neuer Tötungsgeräte mitverdienen. Die Waffenschmieden bräuchten »ja Sicherheitsstähle, die im Kriegsfall die Passagiere in Fahrzeugen schützen können. Diese Stähle stellen wir her«, betonte im März Gunnar Groebler, Vorstandschef der Salzgitter AG. Im Moment sei das Geschäft mit der Rüstungsindustrie noch »relativ klein«, das Potential jedoch groß. Deshalb habe man konzernintern eigens eine »Taskforce Verteidigung« eingerichtet, die die Fokussierung auf Waffenvorprodukte vorantreiben soll. Der saarländische Stahlproduzent Dillinger Hütte setzt sogar schon seit Ankündigung der »Zeitenwende« 2022 vermehrt auf Panzerstahl und beliefert damit unter anderem Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann.

Auch die Automobilindustrie will sich ihren Teil vom Kuchen sichern. So kooperiert Porsche Engineering längst mit Rheinmetall und liefert Antriebssysteme für Schützenpanzer. Mit Volkswagen ist der Düsseldorfer Rüstungskonzern derzeit im Gespräch darüber, das komplette Werk in Osnabrück zu übernehmen, um dort künftig Panzer statt Cabrios herzustellen. Bewegung auch bei den Zulieferern: Im März bestätigte etwa Schaeffler-Boss Klaus Rosenfeld, man verzeichne zunehmend Anfragen größerer Rüstungskonzerne. Ähnlich sieht es bei Bosch aus, wobei die Führung versucht, trotz des Rüstungsbooms eine gewisse Distanz zu wahren. »Wir wollen nicht, dass Bosch ein Rüstungsunternehmen wird«, betonte CEO Stefan Hartung Ende März.

In der gebeutelten Chemiein-dustrie steigen die Aktienkurse ebenfalls wieder spürbar, seit Bundestag und Bundesrat den Weg für eine schuldenfinanzierte Aufrüstung ohne Limit freigemacht haben. Einige Firmen wie Nitrochemie und Alzchem profitieren zudem von Fördergeldern der EU, die insgesamt 500 Millionen Euro bereitstellt, um die Munitions- und Flugkörperproduktion aufzupeppen. Mehr als 130 Millionen davon sollen an deutsche Firmen fließen. Und das Handelsblatt weiß zu berichten, dass in der BRD gerade zahlreiche Startups wie Quantum Systems, Alpine Eagle oder Destinus an den Start gehen, um besonders raffinierte Hightechtötungsprodukte beizusteuern.

Die Aufzählung ließe sich fortführen. Klar ist: Wenn der Staat aufrüsten will und die Waffenproduktion solide Profite verspricht, ist die deutsche Industrie einmal mehr bereit, ihren Teil beizutragen.

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