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Aus: Ausgabe vom 19.04.2025, Seite 8 / Abgeschrieben
Gedenkfeiern

Föderation der Widerstandskämpfer empört über Ausladungen

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80. Jahrestag der Selbstbefreiung des Konzentrationslagers Buchenwald: Vor dem ehemaligen Krematorium

Die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer – Bund der Antifaschisten (FIR) nahm am Freitag in ihrem Newsletter unter der Überschrift »Gedenken der Befreier – ohne die Befreier?« zur Ausladung russischer und belarussischer Vertreter Stellung:

Mit Empörung verfolgt die FIR aktuelle Entwicklungen in Deutschland, die das Gedenken an die Befreiung von Faschismus und Krieg für außenpolitische Interessen der Bundesregierung instrumentalisieren.

Nachdem schon im Jahre 2020 in Polen bei den Feierlichkeiten zur Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz Vertreter der Russischen Föderation explizit ausgeladen wurden, statt dessen davon phantasiert wurde, es seien ukrainische Truppen gewesen, die das Lager befreit hätten – welch historischer Analphabetismus, weil es Einheiten der 2. Ukrainischen Front waren, die das Lager erreichten –, wurden auch in Deutschland seit Beginn des Ukraine-Krieges die Befreier und ihre heutigen politischen Repräsentanten in jeder Form ausgegrenzt.

Zu den Befreiungsfeiern der Gedenkstätten Sachsenhausen, Ravensbrück, Buchenwald und auch im österreichischen Mauthausen wurde auf Beschluss der Gedenkstättenleitungen den russischen und belarussischen Botschaften mitgeteilt, sie seien nicht willkommen. Im KZ Buchenwald stellten zwar die sowjetischen Häftlinge, die teilweise im sogenannten Kriegsgefangenenlager untergebracht waren, mit 15.000 Häftlingen die größte ausländische Gruppe. Über 8.400 politische Kommissare der sowjetischen Armee wurden in der Genickschussanlage im Pferdestall ermordet. Aber alles das zählt nicht, wenn es darum geht, Vertreter der Russischen Föderation oder Belarus auszugrenzen.

In diesem Jahr wurde das skandalöse Verhalten noch gesteigert, indem das Auswärtige Amt, das weder für Innenpolitik noch für Kultur und Erinnerungspolitik zuständig ist, unter der nur noch kommissarisch amtierenden Frau Baerbock eine »Handreichung« an Landkreise und Kommunen herausgab, in der explizit empfohlen wird, keine Einladungen an russische oder belarussische Diplomaten auszusprechen und notfalls sogar »ungebetene Gäste« mit Hinweis auf das »Hausrecht« wieder wegzuschicken. (…) Man kann es nur pervers nennen, wenn diese Handreichungen unter der Überschrift laufen, eine »politische Instrumentalisierung des Gedenkens« zu verhindern. Ist es keine Instrumentalisierung, wenn die Bundesregierung in die Hoheit von Ländern und Kommunen eingreift, um ihr Geschichtsbild durchzusetzen?

Es bleibt zu hoffen, dass sich in Deutschland Kommunen und Gedenkorte bereit finden, sich der historischen Wirklichkeit zu stellen und Verantwortung für ein angemessenes Gedenken übernehmen – gemeinsam mit den Befreiern und in Erinnerung an die Opfer, die die sowjetischen Streitkräfte bei dieser Befreiung erbringen mussten. (…)

Die FIR betont einmal mehr, dass sie alles dafür tun wird, dass das Gedenken an die Frauen und Männer, die im Rahmen aller Teile der Antihitlerkoalition für die Niederwerfung der nazistischen Barbarei gekämpft haben, angemessen gestaltet werden kann, und dazu gehört die wertschätzende Einladung von diplomatischen Vertretern aus allen beteiligten Ländern.

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