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Aus: Ausgabe vom 19.04.2025, Seite 14 / Feuilleton

Nachschlag: Genialer Murks

Verdacht | Fr., 23.45 Uhr, Sky Cinema
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May Whitty als Linas Mutter (r.) – sie spielte auch die titelgebende Figur in Hitchcocks »The Lady Vanishes«

Der charmante Johnny verdreht der braven Lina den Kopf. Nach der Hochzeit beginnt sie zu ahnen, dass er sie töten will … Bringt man den Plot aufs Wesentliche, klingt er nach einem dieser B-Movies, die in den Neunzigern unter Titeln wie »Verhängnisvolle Leidenschaft« das Nachtprogramm von RTL vollmachten. Bemerkenswert, wie aus Scheiße Bonbon wird, wenn sie in die Hände des Masters of Suspense gerät. Hitchcock dehnt den »Verdacht« subtil und feinmotorisch über einen ganzen Film hinweg. Es kommt nicht aufs Ende an, das denn auch die Schwachstelle des Ganzen ist. Die Produzenten, die dem Publikum einen bösen Cary Grant nicht zumuten wollten, hinderten Hitchcock, der Lina sterben, Johnny aber einen Brief mitgeben lassen wollte, der ihn später belasten würde. Diese Idee ist so gut, dass schon Shakespeare sie hatte: Rosencrantz und Guildenstern überbringen ihr eigenes Todesurteil. Für Hollywood war sie nicht gut genug. (fb)

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