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Der Osten schlägt zu

Von Gabriele Damtew
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Nur ganz kurz Spitzenreiter: Arminia Bielefelds Joel Grodowski

Wo gibt’s denn so was: Ein Trainer benutzt um der Taktik willen »unsaubere« Tricks? Und beichtet das auch noch der lieben Presse! Ja, die dritte Liga ist immer für eine Überraschung gut. Geständig war Mitch Kniat, Coach des Sensationspokalfinalisten Arminia Bielefeld. Wenn’s mal nicht so läuft, macht der Torwart oscarreif auf besten Nebendarsteller und stellt sich verletzt. In der folgenden Spielunterbrechung kann dann der Trainer der Mannschaft die taktischen Leviten lesen. Wie praktisch. Irgendwie fiel das dann mal auf. Kniat wird sich daher wohl wegen Unsportlichkeit vor dem DFB-Kontrollausschuss verantworten müssen. Um so gespannter waren die Augen auf die Ostwestfalen gerichtet, die am Ostersamstag unbedingt die Tabellenspitze erobern wollten. Gegner war Tabellensechster Hansa Rostock, auch noch mit minimaler Chance auf den Relegationsplatz drei und 2.000 Anhängern im Gepäck. Den Fans auf der ausverkauften in Schwarz-Weiß-Blau erstrahlenden Bielefelder Alm war das alles wumpe. Singen und feiern war angesagt.

Es sollte ein musikalischer Feiertag werden, wenn auch ein recht einseitiger. Nicht umsonst gilt die Arminia als das laufstärkste Team der Liga, hat den Gegner im Griff. Maël Corboz flankt von der Mittellinie auf Merveille Biankadi, der nach innen passt, wo Sam Schreck gedankenschnell durchlässt, so dass Joel Grodowski den Ball erwischt und einnetzt. Offenbachscher Cancan als Hymne. Kurz darauf Ecke mit Kopfballverlängerung auf Corboz, der seinerseits per Kopf vollendet. Cancan zum Zweiten! Bielefeld weiter wie aufgedreht. Zwei Kontakte nach Balleroberung reichen: Corboz auf Grodowski, der aus 16 Metern den Ball ins Tor schlenzt. Cancan zum Dritten. »Spitzenreiter, Spitzenreiter!« tönt es lustvoll von der Alm. Die Leute können rechnen. Es wäre nach zehn Jahren das erste Mal wieder ganz oben. Damals stieg Bielefeld auf. Nach der Pause bleibt alles beim alten, Rostock ist überfordert, kaum Entlastung. ­Hansas Keeper Benjamin Uphoff muss nach Zusammenprall mit blauem Auge vom Platz, das Stadion applaudiert sympathisch. Einen gibt es dennoch ins Gehäuse. Schreck spielt per Kopf auf Joker Julian Kania, der den Ball volley ins Tor knallt. Zum vierten Mal heißt es: In die Höhe mit den Zehen! Ein echter Höllenritt. Schlussmann Jonas Kersken musste diesmal dagegen kein bisschen aus sich herausgehen.

Am Ostersonntag wollte Dynamo Dresden natürlich die Tabellenspitze zurück, ausgerechnet beim formstarken Drittplazierten, dem 1. FC Saarbrücken. Und lieferte im Ludwigsparkstadion. Mit 4:1 machten sich die Dynamos auf den langen Heimweg, wobei es sicherlich nicht nur Ostereier als Belohnung gab. Tags zuvor hatte schon Energie Cottbus nach zuletzt drei Niederlagen mit 1:0 gegen Viktoria Köln zum Guten und Wahren zurückgefunden, Platz drei. Der Osten schlägt also zu, wenn wir mal die Ostwestfalen großzügig dazurechnen.

Was absehbar war, ist nun amtlich. Die SpVgg Unterhaching steht als erster Absteiger fest.

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