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Aus: Ausgabe vom 30.04.2025, Seite 8 / Ansichten

Letzte Dienstreise des Tages: Baerbock auf Bornholm

Von Nico Popp
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Stimmung ausgezeichnet, »hybride Bedrohungslage extrem verschärft«: Multitalent Annalena Baerbock am Dienstag auf Bornholm im Kreise geschätzter Amtskolleginnen und -kollegen

In diesen Tagen, in denen Annalena Baerbock die finalen Nachweise ihrer außenpolitischen Meisterschaft erbringt, fehlen wehmütige Rückblicke auf ihre Amtszeit. Weil die Berichterstattung vieler Medien über die Grünen und speziell über Baerbock jahrelang Züge von Anbetung aufwies, fällt das besonders auf. Warum entsteht der fatale Eindruck, dass so ungefähr alle ganz froh sind, dass es nun bald vorbei ist?

Baerbock wird das registriert haben, lässt sich aber nichts anmerken. Auch nicht am Montag und Dienstag, als sie auf der dänischen Ostseeinsel Bornholm bei einem Format namens »Nordic and Baltic 8« letztmalig im Ausland als deutsche Außenministerin in Erscheinung trat. Die Sonne strahlte, und die Stimmung war wie immer prächtig.

»Gearbeitet« wurde auch. Die Ministerin war noch gar nicht aufgebrochen, da ratterte es schon über die Agenturen. Auf Bornholm sei spürbar, »dass sich die hybride Bedrohungslage extrem verschärft hat«. Klaro: zerschnippelte Unterseekabel, Datenleitungen, Stromkabel, und sowieso »treibt« die »russische Schattenflotte« »ihr Unwesen«. Flogen nahe Bornholm nicht auch Pipelines in die Luft? Darüber verlor die »We are fighting a war against Russia«-Ministerin kein Wort. Zeit war aber für die Feststellung, »dass es Nord Stream 2 nicht wieder geben kann«.

Eine Vermutung: Baerbocks Russland-Monomanie sorgt auf eigentümliche Weise dafür, dass ihre Verabschiedung eher unterkühlt ausfällt. Und, Anschlussverwendung in New York hin oder her, die Baerbock-Saga damit wohl auch durch ist. Sie hat eine recht komplexe Sache, nämlich die Führung der auswärtigen Angelegenheiten des deutschen Imperialismus, mit der Rolle der Sprecherin einer Freedom-and-Democracy-NGO verwechselt. Für das Staatswohl nicht zuträgliche Unfälle blieben nicht aus. Nicht ausgeschlossen, dass sie auch noch die Landung der Roten Armee auf Bornholm im Mai 1945 verurteilt, sollten ihre Gastgeber ihr davon erzählt haben.

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