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Aus: Ausgabe vom 14.10.2006, Seite 16 / Aktion

Infos oder Weltsicht?

Warum ein jW-Abo für Marxisten wie (Noch)Nichtmarxisten wichtig ist
»Noch mehr bezahlte Abos sind nicht nur für die jW, sondern vor
»Noch mehr bezahlte Abos sind nicht nur für die jW, sondern vor allem für die Hirne der Menschen in diesem Land sehr wichtig«
Auf der Aktionsseite vom letzten Samstag haben wir dargelegt, warum aus betriebswirtschaftlichen Gründen die junge Welt dringend mehr bezahlte Abonnements braucht. Und wir baten unsere Leserinnen und Leser um Ideen und Anregungen zum Thema. Mit erfreulich guter Resonanz. Richard G. Richter aus Cloppenburg fügt unserer Argumentation hinzu: »Noch mehr bezahlte Abos sind nicht nur für die jW, sondern vor allem für die Hirne der Menschen in diesem Land sehr wichtig«. Er registriert aber auch, daß dank der »soziale Fürsorge der Regierung« für viele Interessierte so ein Abonnement nahezu unerschwinglich ist. Er schlägt vor, die Kampagnen »zu verjüngen«, stärker mit Aufklebern und T-Shirts zu arbeiten. Außerdem sollten wir auch mal den Spieß umdrehen: Er entdeckte die Monatsschrift Rotfuchs durch eine Beilage in der jungen Welt: Warum sollten nicht auch mal Ausgaben der jungen Welt anderen Medien (zum Beispiel dem Rotfuchs) beiliegen? Ludwig Enderle aus Mainz regt an, die »verschiedenen besseren Kultur- und Musikfestivals, die es in diesem Lande durchaus gibt«, zu nutzen. Dort gäbe es jede Menge Menschen, die kritisch und weltoffen sind, von der Existenz der jungen Welt aber nichts wüßten. »Daß man allgemein belogen wird, merkt man doch erst, wenn man die Wahrheit hört oder liest. Und das macht diese Zeitung ja so wertvoll!« schreibt er. Jörg Bäthe schlägt aus gleichen Gründen vor, an Fachhochschulen und Universitäten Stände und Veranstaltungen durchzuführen, um die junge Welt bekannter zu machen. Interessant auch die Anregungen von Human Maftoon aus Bremen. Diese Zeitung gehört in die Schulen, meint er. Die FAZ läge an seiner Schule stapelweise aus und würde mangels Alternativen gelesen. Dann aber hat er die junge Welt mit in die Schule gebracht und dort Interessierte und Abonnenten für die junge Welt gefunden. »Ich denke, daß es noch viele Schülerinnen und Schüler gibt, die ähnlich begeistert wären – wenn sie vom Bestehen der Zeitung wüßten«, schreibt er.

Doch das Problem bleibt: Wer verteilt die Zeitungen an der Schule? Wer macht eine Veranstaltungen über die junge Welt zum Beispiel an der Fachhochschule Köthen? Wer organisiert Stände beim Open Ohr Festival in Mainz? Wir können Aufkleber, T-Shirts, Coupons herstellen lassen und zur Verfügung stellen. Und Zeitungen in gewünschter Stückzahl an die jeweiligen Einsatzorte liefern. Beispielsweise am kommenden Mittwoch an die Hochschulen, denn an diesem Tag steckt in der Zeitung wieder eine Unibeilage. Oder an die Orte großer Demonstrationen, wie am nächsten Samstag zu den DGB-Kundgebungen in fünf Städten. Aber dann brauchen wir Menschen, die diese Zeitung ganz konkret vor Ort verteilen (wer am Mittwoch oder Samstag bei den Verteilungen mitwirken will, meldet sich bitte beim Aktionsbüro unter 030/53635510). Noch besser, wenn sie vor Ort auch Probeabos oder richtige Abos einwerben. Andere Zeitungen schicken da Hostessen oder Drückerkolonnen los, das können und wollen wir so nicht machen. Unsere Erfahrungen zeigen allerdings, daß es effektiver ist, wenn man an so einer Sache dranbleibt, also kontinuierlich arbeitet. Denn der Weg vom Kennenlernen der Zeitung bis zum Abo ist oftmals lang. Das kann ein einzelner Unterstützer der jungen Welt begleiten, das geht aber besser mit einer LeserInnenInitiative.

Und noch ein Problem wird aus den Zuschriften deutlich: Viele der begeisterten jW-Leserinnen und -Leser, die die Zeitung nach Kräften unterstützen, haben selbst kein Abo. Aus unterschiedlichen Gründen. Der oben schon genannte Ludwig Enderle gibt das in seinem Schreiben durchaus zu, bei ihm sind es, neben Zeitgründen, die folgenden: »Ich muß von einer marxistischen Weltsicht nicht mehr überzeugt werden, sie ist mir geläufig und selbstverständlich. Deshalb brauche ich die jW nur bedingt, im Gegensatz zu den guten, prinzipiell eher links eingestellten Leuten, die den ganzen liberalen Quatsch glauben und sich verarschen lassen, ohne es zu merken. Es kostet mich Mühe genug, im privaten Umfeld gegen diese allgegenwärtige Gehirnwäsche zu argumentieren. Das kann die junge Welt viel besser.« Von daher übt er verständlicherweise Kritik an der aktuellen Werbekampagne bzw. an unserem Spruch »Für eine starke Linke«: »Das überzeugt eher nur Linke, die wissen, was sie darunter zu verstehen haben. Bei kritischen Grünwählern muß das nicht ziehen. Schreibt doch lieber ganz populistisch: Die Wahrheit!«. In der Tat müssen sich Redaktion und Verlag umstellen: Die Zeitung wird nicht mehr nur von einem kleinen, treuen Kreis klassischer Linker gelesen, sondern das Interesse bei Gewerkschaftern, politisch Aktiven oder jungen Leuten allgemein an linker Gegeninformation und damit an der jungen Welt wächst. Von daher sollten wir in unserer Ansprache stärker dieses erweiterte Umfeld berücksichtigen. Zum Beispiel, indem auch scheinbar Bekanntes, Voraussetzbares nachvollziehbar beschrieben wird. Andererseits ist es noch lange nicht so, daß unsere Kernzielgruppe, Linke mit einem marxistischen Ansatz, schon zum großen Teil die junge Welt abonniert hat. Zum einen, weil auch hier noch lange nicht alle das Angebot der jungen Welt kennen. Aber auch, weil von den anderen manche glauben, die junge Welt sei vor allem dazu da, die Leserinnen und Leser von einer marxistischen Weltsicht zu überzeugen. Dabei geht es schlicht um präzise Beschreibung und Analyse von politischen und sozialen Vorgängen. Wobei eine marxistische Weltsicht schon deshalb dienlich ist, weil es durch sie möglich ist, sich der Wahrheit mehr als in anderen Medien üblich zu nähern. Diese Form der täglichen Gegeninformation braucht aber jeder kritische Mensch, ob mit oder (noch) ohne marxistischer Weltsicht. Wie schaffen wir es aber bloß, diese wie jene von der Notwendigkeit eines Abonnements zu überzeugen? Wir sind nach wie vor an Ihren Anregungen zum Thema sehr interessiert (Zuschriften bitte an Dietmar Koschmieder, Verlag 8. Mai GmbH, Karl-Liebknecht-Str. 33, 12437 Berlin oder dk@jungewelt.de).

Verlag, Redaktion, Genossenschaft

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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