Im Jahr 2023 jährt sich der faschistische Putsch in Chile zum 50. Mal. Anlässlich dieses Ereignisses plant die Tageszeitung junge Welt eine Veranstaltungsreihe. Es werden der eingeschlagene sozialistische Weg durch die Unidad Popular und den Präsidenten Salvador Allende gewürdigt, der Putsch durch General Augusto Pinochet unter Anleitung und Finanzierung durch die USA sowie der Widerstand dagegen in Erinnerung gebracht. Vielfache Bezüge zu heutigen Entwicklungen werden hergestellt. Den Höhepunkt fand unsere Reihe mit einem Konzert im Gedenken an den chilenischen Musiker Victor Jara. Einige weitere Veranstaltungen sind noch in Planung.
Die Veranstaltungen unserer Chile-Reihe finden Sie unten: Alle Veranstaltungen in der Maigalerie der jungen Welt werden auch per Livestream auf jungewelt.de übertragen.
»Was bleibet aber, stiften die Dichter«, meinte Hölderlin. Für diese These spricht, dass taggenau 50 Jahre nach der bestialischen Hinrichtung des chilenischen Liedermachers Víctor Jara 500 Leute ins Berliner Kino Babylon kamen und bewiesen, dass Faschisten unliebsamen Sängern zwar die Zunge herausreißen, aber nicht damit rechnen können, so auch deren Lieder verklingen zu lassen. So sehr die Ermordung Jaras vor einem Halbjahrhundert internationale Empörung erzeugte, die den Widerstand gegen die Pinochet-Schergen befeuerte, so sehr entzücken des Unvergessenen lebendige Texte und Melodien noch heute sein weltweites Publikum.
Nachdem jW-Geschäftsführer Dietmar Koschmieder Hölderlins Prophezeiung mit Franz Josef Degenhardt zum Motto des Abends »Nichts ist vergessen und niemand« einleitend erweitert und Jeremy Corbyn seinen Videogruß mit der kämpferischen Botschaft »the working class is back« geschlossen hatte, wurde jedenfalls noch fast vier weitere Stunden ausgiebig applaudiert. Den Applaus wert waren zunächst und während des Abends wiederholt die chilenische Sängerin Aruma Itzamaray und der Berliner Liedermacher und Theatermusiker Tobias Thiele als Duo Yarawi. Da Thiele nicht nur des Genossen Jaras Texte so fein vorzutragen weiß wie er seine Duettpartnerin auf der Gitarre und dem Klavier begleitete, sondern auch noch super Spanisch spricht, war er als Moderator und Übersetzer bestens besetzt. Schotten versteht er auch so gut, dass selbst der Teil des Publikums, dem es anders ging, alles mitbekam, was der Singer-Songwriter Calum Baird auf der Bühne sagte, wenn er nicht zur Gitarre sang. Dass an Schlaf in diesen friedlosen Zeiten manchmal kaum zu denken ist, besang er im Titel »4 a.m.«. Mit Brecht beschwor er die Unabdingbarkeit des Überlebensmittels Kunst und setzte auf und erzeugte »beauty in the worst of times«, in der »The ever willing soldier« leider immer noch zu selten desertiert. Nach den fünf Liedern Culums folgten sieben des populären argentinisch-deutschen Musikers Pablo Miró, der schon als Elfjähriger von Jara geprägt wurde, dessen Lieder »wunderbare Antibiotika gegen jeden Blödsinn, den man machen kann« seien, und den er eine herausragende »ethische Figur des Liedermachens« nannte. Es habe eine erfreulich »ironische Seite«, dass heute noch so viele »mehr oder weniger Empörte« zu Víctor Jaras Gedenken zusammenfinden. Auch Miró sang teils Songs von Jara (so »Manifiesto«), teils eigene Kompositionen wie das Julian Assange gewidmete Lied »Für Julian«. Aufgrund anhaltenden Applauses folgte als Zugabe noch »Was wir sind«.
Am Klavier begleitete Thiele dann Aruma Itzamaray für einen Song, rezitierte Jaras »Der Pflug« (»El Arado«) und übersetze sodann die Ansagen Yaima Orozcos. Die kubanische, traditionelle musikalische Genres der Insel mit zahlreichen weiteren Rhythmen der Welt fusionierende Komponistin, Sängerin und Gitarristin wusste das Publikum mit ihrer hellen Stimme und Ausstrahlung wohl zu bezaubern und kam um eine Zugabe ebenfalls nicht herum.
Jaras letzte Zeilen, verfasst im heute nach ihm benannten Estadio Chile in Santiago de Chile, sind den 5.000 im Stadion Gefangenen gewidmet – und gingen, am Sonnabend vorgetragen, den 500 im Saal direkt in die Herzen. Schließlich sorgte der Liedermacher und Dichter Nicolás Rodrigo Miquea für starke Emotionen. Das gelang ihm, dem seine Musik politischer Aktivismus ist, durch drastische Sprachbilder wie dem »Tsunami aus Knochen« im Mittelmeer so gut wie durch seine leidenschaftliche Performance.
Auch dieses – abermals ausverkaufte – Highlight der jW-Veranstaltungsreihe zum faschistischen Putsch in Chile von 1973 zeigt dessen so große wie leider auch hochaktuelle Bedeutung als historisches Ereignis mit bedrohlich permanentem Wiederholungspotential auf. So sollte verwundern, würde am kommend Sonnabend zur Finissage »Das Wandbild einer chilenischen Brigade und seine Entstehung« nicht die jW-Maigalerie wieder rappelvoll sein, zumal mit Amanda Jara, der Tochter Victor Jaras, und der Musikerin Yolanda Marvel zwei hochkarätige Gäste anwesend sein werden.
Der Felsenkeller Leipzig initiiert vom 19.9.2023 bis zum 24.9.2023 eine Tour des Gedenkens mit Amanda Jara und Yolanda Marvel anlässlich des 50. Todestages des chilenischen Sängers Victor Jara.
Vor 50 Jahren, am 11. September 1973, putschte in Chile das Militär gegen den demokratisch gewählten sozialistischen Präsidenten Salvador Allende. Die von Augusto Pinochet geführte und den USA protegierte Junta errichtete eine Militärdiktatur, die bis 1990 herrschte. Fünf Tage nach dem Putsch wurde der legendäre Folksänger, Theaterregisseur, Schriftsteller, Lehrer und Kommunist Victor Jara, der mit seiner Musik Präsident Allende unterstützt hatte, im Estadio Chile in Santiago von Putschisten gefoltert und im Alter von 40 Jahren brutal ermordet.
Pinochets Mördern gelang es allerdings nicht, die Erinnerung an Víctor Jara auszulöschen. Das Stadion trägt heute seinen Namen und seine Lieder sind noch immer weit über sein Heimatland hinaus sehr lebendig.
Anlässlich des 50. Jahrestages der chilenischen Tragödie besucht die Tochter des Künstlers Amanda Jara zusammen mit der Musikerin Yolanda Marvel die Bundesrepublik für eine Tour des Gedenkens. Auf Einladung des Felsenkellers Leipzig werden beide Frauen vom 19. bis 24. September in insgesamt sechs Städten (Frankfurt am Main, Hamburg, Chemnitz, Leipzig, Berlin und Cottbus) auftreten und erstmals gemeinsam in Deutschland an das bewegte Leben und reiche Schaffen von Víctor Jara erinnern. Der Blick geht dabei natürlich nicht nur zurück, sondern wird auch auf die aktuelle politische Situation im Land ausgerichtet, die nach dem gescheiterten Verfassungsreferendum im September 2022 sehr angespannt ist.
Amanda Jara dazu: »Wir freuen uns sehr auf diese Tour. Nach dem Sturz Allendes war die Solidarität mit dem chilenischen Volk in der BRD, noch mehr aber in der DDR sehr groß. Das haben wir auch nach einem halben Jahrhundert keineswegs vergessen. Viele Landsleute fanden hier eine neue Heimat und leben mit ihren Nachkommen teilweise noch immer in Deutschland. Mit unseren Auftritten wollen wir aber natürlich vor allem das deutsche Publikum mit dem Werk meines Vaters und damit zugleich mit der revolutionären Geschichte und Gegenwart Chiles näher vertraut machen.«
Die vom Förderverein Felsenkeller Leipzig initiierte Tour des Gedenkens von Amanda und Yolanda wird von der Rosa-Luxemburg-Stiftung unterstützt und der Tageszeitung »junge Welt« als Medienpartner begleitet. Wie die lebendige Erinnerung an Rosa Luxemburg zählt ein waches Geschichtsbewusstsein zu den Markenzeichen des Hauses
19.9.2023 Frankfurt/Main: um 19 Uhr im Haus am Dom, Domplatz 3 20.9.2023 Hamburg: um 19.30 Uhr im Atelier Gausz, Gaußstraße 60 21.9.2023 Chemnitz: um 19 Uhr im Soziokulturellen Zentrum Subbotnik, Vetterstraße 34a 22.9.2023 Leipzig: um 18 Uhr im Felsenkeller, Karl-Heine-Straße 32 - ausverkauft 23.9.2023 Berlin: um 17 Uhr in der Maigalerie der Tageszeitung junge Welt, Torstraße 6 - ausverkauft, Livestream unter jungewelt.de 24.9.2023 Cottbus: um 18 Uhr im Café Zelig, Friedrich-Ebert-Straße 21
Zur Documenta 6 im Jahr 1977 in Kassel war ein 60 Meter langes und vier Meter hohes Wandbild der Brigade »Pablo Neruda« zu bewundern. Im Laufe der Gestaltung entstanden zahlreiche Skizzen und Entwürfe. Zu sehen sind diese nun anlässlich des 50. Jahrestages des Putsches in Chile in der Ausstellung »Das Wandbild der chilenischen Brigade ›Pablo Neruda‹ und seine Entstehung« in der Ladengalerie der jW in Berlin. Auf der Vernissage am Donnerstag referierten der Kulturpolitiker Gerald Warnke, die Kuratorin Paz Guevara und der Kunsthistoriker Carlos Gomes (Podium v. l. n. r.). Für Musik sorgte der Gitarrist Lautaro Valdes (vorn). (jW)
Die Ausstellung in der Maigalerie präsentiert eine Auswahl seltener Kreide- und Bleistiftzeichnungen, Vorarbeiten und freien Gedankenskizzen sowie einen verkleinerten Nachdruck (12 m Breite) des Wandbildes.
Paz Guevara* (Kuratorin Haus der Kulturen der Welt, Lehrbeauftragte Kunsthochschule Weißensee), Gerald Warnke* (Chile Solidaritätsbewegung der BRD), Carlos Gomes (Kunstwissenschaftler, Autor von Chile 1973 – Wandbilder und Denkmäler aus der DDR und BRD) sprechen zur Eröffnung der Ausstellung über die Entstehung und Motivation der Künstleraktion und die Bedeutung des Wandbildes in der Chilesolidarität auf der documenta 6, 1977 in Kassel.
*Paz Guevara (geboren in Santiago, Chile) ist eine Kuratorin, Autorin, Forscherin und Pädagogin, die sich für die Schaffung offener Räume interessiert. Sie ist Kuratorin für Ausstellungspraxis am Haus der Kulturen der Welt (HKW), Berlin. Sie ist Teil des kuratorischen Ensembles von Archive, Berlin, und Dozentin im MA Spatial Strategies an der Weißensee Kunsthochschule Berlin. Sie ist Ko-Kuratorin der Ausstellung O Quilombismo im HKW, Berlin, 2023; Kuratorin der Ausstellung Transition, Brücke-Museum, Berlin, 2021-22; Kuratorin des Projekts Afro-Sonic Mapping von Satch Hoyt, HKW, 2019; und Ko-Kuratorin von Parapolitics, HKW, 2017-18. Im Jahr 2016 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin des Projekts Past Disquiet mit einer Untersuchung zur Solidaritätsbewegung. In diesem Zusammenhang arbeitete sie mit Gerald Warnke und Franz Lehmkuhl zusammen, sie führten gemeinsam die Veranstaltung "Antifaschistische Kunstbrigaden und Solidaritätsbewegung in den 1970er Jahren" im HKW, Berlin, und anschließend im Museo de la Solidaridad Salvador Allende in Santiago, Chile, durch.
*Gerald Warnke ist Aktivist, Kulturpolitiker und Netzwerker. Im Rahmen der Antiimperialistischen Solidaritätsbewegungen der 1970er Jahre engagierte er sich besonders zu Chile und Vietnam, heute steht die Solidarität mit dem revolutionären Kuba im Mittelpunkt. Er realisierte thematische Filmreihen wie eine Woche proletarisch-revolutionärer Filme, eine Antifaschistische und eine Sowjetischen Filmwoche, Filme im antiimperialistischen Kampf und Filme aus der 3. Welt. Unmittelbar nach dem Militärputsch in Chile 1973 organisierte er eine Chilenische Filmwoche. Am Rande der documenta 6 in Kassel im Jahr 1977 organisierte er mit Unterstützung der Jugendbrigade Salvador Allende und deutschen Kunststudent*innen die Produktion eines Murales auf dem Theatervorplatz in Kassel, gemalt von der antifaschistischen Malerbrigade Pablo Neruda aus chilenischen Künstler*innen im Pariser Exil, darunter José Balmes, Gracia Barrios, Guillermo Nuñez. Seit Beginn der 80er Jahre ist er in der Friedensbewegung aktiv und engagiert sich in verschiedenen Bündnissen im Kampf gegen Neonazis.
Musik: Lautaro Valdes (Chilenischer Künstler)
Zur Finissage am Sonnabend, 23. September, werden Amanda Jara und Yolanda Marisol Palma zu Gast sein, weitere Informationen hier.
Weitestgehend reizlos zeigte sich die documenta 6 im Jahr 1977 in Kassel. Vor den Toren jedoch zwischen Fridericianum und Orangerie, zum Unmut der Leitung, wurden die Besucher mit einem riesigen Wandbild der chilenischen Malbrigade »Pablo Neruda« konfrontiert. Im 60 Meter langen und fast 4 Meter hohen Bild finden sich als Hommage Motive der Brigade »Ramona Parra«, der wichtigsten Keimzelle der Bewegung der chilenischen Malkollektive gegen den faschistischen Putsch 1973 in ihrem Land.
Im Prozess der Gestaltung entstanden über mehrere Tage hinweg viele Skizzen und Ideen, die schlussendlich zum Gesamtkunstwerk führten. Im Besonderen freuen wir uns sehr, eine Auswahl dieser seltenen Kreide- und Bleistiftzeichnungen, Vorarbeiten und freien Gedankenskizzen präsentieren zu können.
Ausstellungszeitraum: 7. bis 23. September 2023 Ort: Maigalerie der jungen Welt, Torstraße 6, 10119 Berlin Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag von 13 bis 18 Uhr
Chile, 16. September 1973. Faschisten ermorden den chilenischen Sänger und Kommunisten Víctor Jara. In seinem Gedenken veranstaltet die Tageszeitung junge Welt ein Konzert. Künstlerinnen und Künstler verschiedener musikalischer Traditionen werden das Publikum durch die chilenische Geschichte führen.
Sonnabend, 16. September 2023 19 Uhr (Einlass: 18 Uhr) Babylon, Rosa-Luxemburg-Straße 30, Berlin Eintritt: 25,00 Euro, ermäßigt: 13,00 Euro, Solidaritätspreis: 39,00 Euro
»Te Recuerdo, Amanda« (»Ich erinnere mich an dich, Amanda«) ist vielleicht das bekannteste Lied des nur wenige Tage nach dem Militärputsch 1973 getöteten Sängers Víctor Jara (1932–1973). Seine Tochter Amanda Jara wird zusammen mit der Musikerin Yolanda Marvel auf der Finissage der Ausstellung zu Gast sein. Sie erinnern an den legendären Folksänger, Theaterregisseur und Kommunist, der mit seiner Musik den sozialistischen Präsidenten Salvador Allende unterstützte. Seine Lieder sind noch immer und nicht nur in Chile sehr lebendig. Seinen Mördern gelang es nicht, die Erinnerung an Víctor Jara auszulöschen.
Südamerika in Unruhe, die zum Aufruhr führen kann, zum Umschlag von Protesten in militärische Gewalt – wie bereits vor Jahrzehnten und in den vergangenen Jahrhunderten. Die Kämpfe und Leidenswege haben in Berichten, in Dichtung und Musik Ausdruck und weltweit Anklang gefunden.
Das Duo Aruma Itzamaray und Tobias Thiele begleitet den Schauspieler Rolf Becker auf eine Reise durch das Neue Lied Lateinamerikas. 1971 in Chile geboren erlebte Aruma die Pinochet-Diktatur hautnah und singt seit ihrer Jugend die Lieder der Nueva Cancion. Der Berliner Liederschreiber und Theatermusiker Tobias Thiele wuchs mit der Musik Lateinamerikas auf und erforschte sie bei seinen zahlreichen Aufenthalten in Kuba, Mexiko, Chile und Perú. Texte von Pablo Neruda, Lieder von Violetta Parra, Víctor Jara, Daniel Viglietti, Circe Maya, Quilapayun.
Von und mit Rolf Becker und dem Duo Aruma Itzamaray & Tobias Thiele.
Ort: Maigalerie der jungen Welt, Torstraße 6, 10119 Berlin Einlass: 18 Uhr; Beginn: 19 Uhr Eintritt: 5 Euro Normalpreis, 10 Euro Solipreis
Wir nehmen keine Anmeldungen für die Veranstaltung mehr an. Schauen Sie im Livestream unter jungewelt.de vorbei!
Rudolf Herz und Frank Schumann sprechen über eine Rettungsaktion von chilenischen Genossinnen und Genossen. Beide waren mit ihren Aufsätzen in der von Gotthold Schramm herausgegebenen Textsammlung »Flucht vor der Junta: DDR-Rettungsaktionen zur Rettung von Antifaschistinnen und Antifaschisten aus Chile« vertreten. (Edition Ost, Berlin 2005)
Rudolf Herz war Offizier der Auslandsaufklärung im MfS der DDR im besonderen Einsatz (OibE), Dienstgrad: Major. In Chile war er von 1973 bis 1975 und 1978 bis 1983 im Einsatz. Im September 1973 wurde er mit dem Decknamen »Benz« nach Santiago de Chile geschickt, um beispielsweise die Ausschleusung von Carlos Altamirano über die Anden nach Argentinien zu organisieren. Dieser war der Generalsekretär der Sozialistischen Partei und Freund Allendes. Die Rettung von Funktionären der Unidad Popular und anderer verfolgter Chilenen war in Berlin geplant und vorbereitet worden. Mit präparierten Autos brachte man sie außer Landes. Rudolf Herz berichtet bei der Veranstaltung detailliert über die Rettungsaktion.
Frank Schumann ist Publizist und Verleger. Er gründete 1991 die »edition ost«. Schumann war beim Putsch 1973 Steuermann auf dem MSR »Wittstock« und meldete sich als Freiwilliger zu den Internationalen Brigaden, die es dann aber nicht gab. Dienstgrad: Oberleutnant zur See d.R. Ein Interview mit Frank Schumann zum Putsch in Chile und der Veranstaltung finden Sie hier.
Moderation: Arnold Schölzel (jW)
Die Aufzeichnung der Veranstaltung können Sie hier ansehen.
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe zum 50. Jahrestag des faschistischen Putsches in Chile wird eine kleine Auswahl von Nachdrucken chilenischer Siebdrucke im Originalformat präsentiert, die unter dem Titel »Das Volk hat Kunst mit Allende« entstanden sind. Diese Sammlung wurde im Präsidentschaftswahlkampf 1970 von einer Wählerinitiative der bildenden KünstlerInnen der Unidad Popular zur Unterstützung von Salvador Allende als Wahlbeitrag zusammengestellt und in siebzig Städten Chiles gezeigt.
Die 1973 angefertigten Nachdrucke wurden zum Verkauf angeboten, deren Erlös ging an vom Militärregime verfolgte ChilenInnen. Die Originale und die Nachdrucke entsanden unter dem Motto »Kunst verbreiten und die gerechte Sache der chilenischen Volkseinheit stärken«.
Die Ausstellung war vom 11. Mai bis 25. August in der Maigalerie der jungen Welt zu sehen.
Am 13. Juli 2023 stellte der Autor Carlos Gomes sein aktuelles Buch in der Maigalerie der jungen Welt vor.
Der Putsch in Chile im September 1973 ist bis heute im Gedächtnis der Weltgesellschaft lebendig. Neben dem Massenmorden der US-Army in Vietnam war dieser Gewaltakt gegen die gewählte sozialistische Regierung von Dr. Salvador Allende mit tausenden Toten eine weitere Gräueltat unter Führung des US-amerikanischer Geheimdienstes CIA.
Carlos Gomes spürte in jahrelangen Recherchen die in DDR und BRD entstandenen Monumente auf. Besonderes Interesse entwickelte er für die von exilchilenischen Kunstbrigaden gemalten Wandbilder, den Murales. 27 Denkmäler und Wandbilder werden großzügig bebildert und mit einem Text zur Entstehung und Bedeutung eines jeden Monuments ergänzt. Ein Kapitel handelt von verschwundenen Wandbildern, die mit einzigartigen historischen Fotos dokumentiert werden.
Die Aufzeichnung der Veranstaltung kann hier angesehen werden.
Die Veranstaltung fand am 29. Juni 2023 in der vollbesetzten Maigalerie der jungen Welt in Berlin statt.
Einen Bericht in der jungen Welt lesen Sie hier. Eine ausgearbeitete Fassung des Referats von Jürgen Lloyd können Sie hier noch einmal nachlesen.
Den Mitschnitt der Veranstaltung können Sie sich hier ansehen.
Auf der Veranstaltung sollen der Pinochet-Putsch und die Militärdiktatur in Chile als brutalste Form bürgerlicher Herrschaft zur Durchsetzung der Interessen des US-amerikanischen Monopolkapitals analysiert werden. In Anlehnung an Überlegungen von Reinhard Opitz werden ihre Spezifika als »exportierter Faschismus«, der nicht über eine Massenbasis verfügte, in ein abhängiges Land und die Rolle westlicher neoliberaler Ökonomen in den Fokus genommen.
Beleuchtet werden soll auch der Einfluss des Hitlerfaschismus. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs waren viele führende Nazis mit Hilfe US-amerikanischer Geheimdienstbehörden über die »Rattenlinien« nach Südamerika gekommen und unterstützten rechte Diktaturen. Der Schlachtfliegerheld Hans-Ulrich Rudel, der als Militärberater und Waffenbeschaffer fungierte, war nur einer von vielen deutschen Terrorhelfern Pinochets. Die Beifallsbekundungen, wie »Drei Jahre Marxismus sind der Armee genug«, sowie Legitimierungs- und Verharmlosungsversuche durch das Establishment von Politik und Medien, die die faschistische Herrschaft in Chile als »Notmaßnahme« und »kleineres Übel« abtaten, verweisen auch eindrücklich auf konservierte Elemente des Nazismus in der bürgerlichen Demokratie der Bonner Republik.
In der Berliner Republik kooperiert der deutsche Imperialismus, diesmal im NATO-Bündnis, seit dem Euromaidan und Beginn des Krieges gegen Russland wieder mit Banderisten und anderen gefährlichen Faschisten in der Ukraine, deren Vorgänger sich in den 1930er-Jahren als gelehrige Schüler von Alfred Rosenberg und Co erwiesen hatten. Das wirft dringliche Fragen auf, die zur Diskussion gestellt werden sollen: Wie können faschistische Kontinuitäten und Rechtsentwicklungen vor allem in der gegenwärtigen deutschen Außenpolitik sowie deren unheilige Allianzen erkannt werden und wie muss der Antifaschismus ihnen begegnen – ohne falsche Etikettierungen vorzunehmen?
Antifaschisten in Deutschland – die auf den Schultern großer Theoretiker stehen, welche noch die Werkzeuge der Wissenschaft und Weltanschauung des Marxismus anzuwenden wussten – finden sich heute vor der größten Herausforderung seit 1945. Die Auseinandersetzung mit der traumatischen Chile-Erfahrung der internationalistischen Linken kann wichtige historische und politische Koordinaten zur Orientierung liefern, die vor den tragischen Irrtümern und der (Kriegs-)Propaganda der derzeit hegemonialen und sogar in antifaschistischen Organisationen grassierenden liberalen Faschismustheorien bewahren können.
Vorträge und Podiumsgespräch: Jürgen Lloyd (Marx-Engels-Stiftung) und Susann Witt-Stahl (Melodie & Rhythmus, junge Welt). Moderation: Arnold Schölzel (junge Welt)