Wahre Freiheit ist nicht zu haben, deshalb muss der Begriff davon mit dem schlechten Bestehenden kompatibel gemacht werden. Werbestrategen bedienen sich der Ikonographie sozialer Kämpfe, die mit der Ästhetik des Widerstandes aufgeladen sind, schreibt Chefredakteurin Susann Witt-Stahl in ihrem Editorial des neuen Heftes der Kulturzeitschrift Melodie & Rhythmus. Seit gestern gibt es das Heft am Kiosk, und seit gestern wirbt der Opel-Konzern mit großen Plakaten in der Nähe des Redaktionssitzes dieser Zeitung ganz klassenkämpferisch für seine Autos: »Warum sollte das, was für viele wichtig ist, nur für wenige erreichbar sein?« Fest steht: Die 116 Seiten der neuen Melodie & Rhythmus sind für jeden am nächsten gutsortierten Kiosk für 6,90 Euro erhältlich.
Um auch Kubanern »Freiheit und Demokratie« vorzuführen, wurde eine Delegation von kubanischen Journalistinnen und Journalisten von der Taz nach Berlin eingeladen. Finanziert wird die Aktion von der Bundesregierung. Mag ja sein, dass die Taz wie viele andere Zeitungshäuser ökonomisch auf neue Finanzierungskonzepte angewiesen ist und neben Immobilienbewirtschaftung und Kaffeehandel auch mit solchen Schulungsprogrammen zu Geld kommen muss. Die Programmgestaltung zeigt jedenfalls, dass es sich hier keinesfalls um eine Geste der Völkerfreundschaft handelt: Unter anderem ist ein Besuch der »Archivos de la Stasi« vorgesehen. Und bei den »Reportern ohne Grenzen«. Die haben gerade eine »Rangliste der Pressefreiheit« veröffentlicht, in der Kuba als »Feind der Pressefreiheit« geführt und deutlich schlechter bewertet wird als etwa die Türkei oder Mexiko, wo regelmäßig Journalisten verhaftet und ermordet werden.
In diesem Rahmen ist der Besuch der Delegation auch bei der Tageszeitung junge Welt als Versuch zu werten, den Schein von Freiheit und Demokratie aufrechtzuerhalten. Wir werden aber in diesem Krieg um die Köpfe der Menschen nicht klein beigeben. Das sind wir unseren kubanischen Genossinnen und Genossen schuldig.
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