Mond ausknipsen, bitte!
Von Wiglaf DrosteIm Lied vom »guten Mond« wird diesem Himmelsporcus bescheinigt, »so sti-hi-lle durch die Abendwo-hol-ken hin« zu gehen. Das mag stimmen, obwohl Zweifel angebracht sind, ob der Mond »gehen« kann, so bein- und fußlos, wie er da herumhängt am Firmament. Die Behauptung aber, der Mond sei »gut«, ist ein Schindmärchen. Kalt ist der Mond, in vollem Zustand sieht er aus wie eine Scheibe reifer Harzer Käse; ob er auch so riecht, weiß man nicht, er treibt sein Unwesen zum Glück in zu weiter Entfernung, als dass er sich auch noch als olfaktorische Last erweisen könnte.
Zuzutrauen aber ist es dem Schurkenplaneten, der, obwohl in vielen schönen Liedern von Lunatics mit Luna-Tick besungen – wahrscheinlich, um ihn milde zu stimmen – grundböse ist. Heimtückisch – um nicht auf erdogansch zu sagen: heimtürkisch – schleicht er sich ins Innenleben des friedfertig Schlafenden, tapert und ölt dort sinnlos herum, stiftet Unheil und lässt den Schläfer einen Öddel zusammenträumen, der ihm noch am nächsten Morgen, nach der Gnade des Erwachens, wie ein Sack Zement auf dem Gemüt liegt. Dabei bringt der Mond nicht einmal einen anständigen Alpdruck zustande, sondern nur Konfusion und Unfug von der unlustig wirrsinnigen Art.
Könnte man in Zeiten, in denen militärische Wahnvorstellungen als »politische Entwürfe« gefeiert werden, das blöde Teil nicht einfach abschießen? Ich wäre dabei, würde meinen Pazifismus kurz an der Garderobe abgeben und mir selbst Befehl geben: »Kanonier Droste, Mond auf 12 Uhr – Feuer!« Und dem nächtlichen Schlaf der menschlichen Rasse wäre wohlgetan.
Wem das zu martialisch oder brachial erscheint, kann ja dafür Sorge tragen, dass bei der nächsten bemannten Mondfahrt von einem Peterchen oder Pöterchen am Mond eine Ausschaltvorrichtung angebracht wird, die man von der Erde aus per Fernbedienung aktivieren kann: Ein Knopfdruck, und der Mond hängt so stockfinster am Himmel, wie es in seiner eisigen Seele aussieht. Das wäre ein technischer Fortschritt, der meinen Beifall fände.
Man wird ja schließlich noch träumen dürfen – nur eben ohne Vollmond bitte.
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