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Aus: Ausgabe vom 31.05.2024, Seite 14 / Medien
Pressefreiheit

Prügel für Journalisten

Reporter der Berliner Zeitung bei Räumung der besetzten Humboldt-Universität von Polizei krankenhausreif geschlagen
Von Kristian Stemmler
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Bei der Räumung der Humboldt-Universität am vergangenen Donnerstag ging die Polizei brutal gegen die Besetzer vor

Wenn es gegen palästinasolidarische Studierende geht, verliert die Berliner Polizei offenbar schnell alle Hemmungen. So ging sie bei der Räumung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Humboldt-Universität am vergangenen Donnerstag brutal gegen die Besetzer vor. Dabei wurde auch ein Journalist angegriffen: Der Videojournalist Ignacio Rosaslanda von der Berliner Zeitung wurde von einem Beamten geschlagen, verletzt und über Stunden festgehalten, wie das Blatt am Tag nach der Räumung berichtete.

Als die Polizei am Donnerstag abend mit der Räumung begann, befand sich Rosaslanda im vierten Stock. Dort hätten sich rund 30 Besetzer verbarrikadiert. Mit Handy und Kamera habe der Videojournalist gefilmt, wie die Polizei die Tür aufgebrochen habe. Seinen Presseausweis habe er gut sichtbar um den Hals getragen, so Rosaslanda in der Berliner Zeitung. Beamte der 22. Berliner Einsatzhundertschaft seien in den Flur gestürmt, einer habe ihn aufgefordert, in eine Ecke zu gehen. Etwa 20 Sekunden später sei er plötzlich von einem Polizisten an seinem Rucksack, in dem sich Stative und andere Kameraausrüstung befanden, nach hinten gerissen worden. Er habe dreimal »Ich bin Presse« gerufen. Dennoch habe ihn der Beamte mit der Faust gegen Kiefer und Schläfe geschlagen und zu Boden geworfen. Dort habe er ihm Handschellen angelegt und ihn mit einem Knie auf dem Rücken fixiert.

Nach etwa 20 Minuten seien Sanitäter zu ihm gekommen und hätten gefragt, ob er atmen könne und Hilfe brauche. Sie wiesen den Polizisten auf den Presseausweis von Rosaslanda hin, doch der Polizist habe geschrien: »Sie haben keine Ahnung von Polizeiarbeit!« Erst drei Stunden später ließ die Polizei den Videojournalisten gehen. Eine medizinische Behandlung sei ihm in der gesamten Zeit verwehrt worden, sagte er. Noch am selben Abend ließ sich Rosaslanda in der Charité behandeln. Der ärztliche Befund habe multiple Schürfwunden und Hämatome über dem linken Ohr, im Gesicht, am Brustkorb und am linken Arm festgestellt.

In einer ersten Stellungnahme gegenüber der Berliner Zeitung behauptete die Polizei, es sei zu einem »Angriff mittels Videoteleskopstange mit montierter Fotokamera« auf einen Polizisten gekommen. Rosaslandas Video des Vorgangs, das vom Blatt veröffentlicht wurde, widerlegt diese Version allerdings klar. Gegenüber jW bestätigte die Berliner Polizeipressestelle am Mittwoch, dass das Video mittlerweile an das Dezernat 34 des Landeskriminalamtes weitergeleitet wurde, das für Delikte von Polizisten zuständig ist. Es werde geprüft, ob es sich um eine »Körperverletzung im Amt« gehandelt habe. Mehr könne man dazu nicht sagen, da es sich um ein laufendes Verfahren handele, so die Pressestelle.

Der stellvertretende Chefredakteur der Berliner Zeitung, Moritz Eichhorn, erklärte am Donnerstag gegenüber jW, er verurteile »die Gewalt gegen unseren Kollegen Ignacio Rosaslanda und die Behinderung seiner Arbeit durch die Berliner Polizei aufs schärfste«. Ein Angriff auf einen Journalisten sei »ein Angriff auf die Pressefreiheit«. Rosaslanda habe inzwischen Strafanzeige wegen Körperverletzung im Amt gegen den betreffenden Beamten gestellt. Auch die Chefredaktion behalte sich weitere rechtliche Schritte vor, man wolle aber auch »das Gespräch mit der Polizei suchen«, so Eichhorn.

Die Partei Die Linke forderte eine Aufarbeitung des Vorgangs und eine Reaktion der Innensenatorin Iris Spranger (SPD). »Polizeigewalt gegen einen ausgewiesenen Pressevertreter. Das verlangt nach Aufklärung und einer Stellungnahme der Innensenatorin!«, schrieb der innenpolitische Sprecher der Linke-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Niklas Schrader, am vergangenen Sonnabend bei X. Deutliche Kritik kam auch vom Deutschen Journalistenverband (DJV). Es sei »unfassbar, wie die Polizei gegen den Kollegen vorgegangen ist«, erklärte DJV-Sprecher Hendrik Zörner laut Berliner Zeitung. Journalisten seien »keine Prügelknaben der Polizei«.

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