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Aus: Ausgabe vom 15.06.2024, Seite 5 / Inland
Unternehmenszusammenarbeit

Bombenbauer gesucht

»Stark wachsender Personalbedarf«: Kriegskonzern Rheinmetall kooperiert auf der Suche nach Fachkräften mit Autozulieferer Continental.
Von Oliver Rast
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»Herausragende berufliche Chancen«: Lackierung eines 155-Millimeter-Geschosses in Unterlüß

Nachschub muss her, Fachkräfte vor allem. Etwa Munitionsdreher und Bombenbauer. Schließlich sind die Auftragsbücher voll, pickepackevoll. Seit Anfang 2022 stieg der Auftragsbestand um rund zehn Milliarden auf 24 Milliarden Euro an. Beim größten BRD-Kriegskonzern Rheinmetall. Wie gerufen kommen da Stellenstreichungen beim Automobilzulieferer Continental. Beide wollen fortan kooperieren, hieß es am Freitag in einer gemeinsamen Firmenmitteilung. Und der in den nächsten Jahren »stark wachsende Personalbedarf« des Düsseldorfer Waffenproduzenten könne durch Continental-Arbeiter gedeckt werden. Teils zumindest.

Ariane Reinhart ist happy. Mit Rheinmetall sei bereits das dritte Unternehmen gewonnen worden, »um den Beschäftigten der von der Transformation betroffenen Standorte neue Perspektiven zu ermöglichen«, wurde die Continental-Personalchefin zitiert. Die Unternehmensinitiative »Von Arbeit in Arbeit« funktioniere. Auch Rheinmetall-Vorstandskollege Peter Sebastian Krause ist laut Mitteilung erfreut ob der Kooperation. »Wir sind davon überzeugt, dass die Continental-Beschäftigten hervorragende Qualitäten mitbringen, die für uns bei Rheinmetall von hohem Wert sein können.«

Der Konzern wolle eigenen Angaben zufolge in diesem Jahr 5.000 Stellen allein in Deutschland neu besetzen. Aktuell sind es rund 30.000 weltweit. Dafür brauche es indes »mehr Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit bei potentiellen Bewerbern«, gestand Krause bereits am Donnerstag gegenüber dpa. Deshalb auch die Werbedeals mit Borussia Dortmund und der Düsseldorfer EG.

In der Autosparte von Continental vernichten die Bosse in den kommenden Jahren weltweit mehr als 7.000 Arbeitsplätze. Und wann soll es mit der »Arbeitskräfteverschiebung« losgehen? »So früh wie möglich«, steht in der Mitteilung. Etwa am Continental-Standort Gifhorn. Bis zu 100 Beschäftigte könnten am Rheinmetall-Hauptsitz im niedersächsischen Unterlüß, rund 55 Kilometer nördlich von Gifhorn, unterkommen. Dort investiert der Konzern 300 Millionen Euro in den Aufbau einer neuen Artilleriefabrik, berichtete das Handelsblatt am Freitag. Und biete »herausragende berufliche Chancen in vielen Feldern«, so Krause. Nicht nur das. Mit dem produzierten Kriegsgerät und Mordwerkzeug »geben wir den Einsatzkräften die Mittel an die Hand, um freiheitlich-demokratische Werte zu schützen und den Frieden zu sichern«.

Offenbar ein honoriger Geschäftspartner für Continental. Und Reinhart behauptet, die eigene Unternehmenstransformation liefe »auf faire und sozial verantwortliche Art und Weise – im engen Schulterschluss mit den Sozialpartnern«. Das sei Umbau mit Perspektive. Ein Reklamespruch, finden hingegen Gewerkschafter. Erst jüngst hatten IG Metall (IGM), Vertrauensleute und Betriebsräte am Ingolstädter Standort eine Offensive für eine »Zukunftsvereinbarung bei Continental Automotive« gefordert. Eine »Restrukturierungsmaßnahme« folge auf die nächste. Die Folge: Weitere Stellenstreichungen drohen, besonders in der Verwaltung. »Bei uns sind von rund 1.700 Jobs 210 vakant«, sagte Elisabeth Mongs, politische Sekretärin der IGM Ingolstadt, am Freitag im jW-Gespräch. Haben die Rheinmetaller schon nach Fachkräften gefragt? Mongs ist davon nichts bekannt. Vermutlich sei die räumliche Entfernung auch zu groß zu deren Werkstätten.

Davon unabhängig, Rheinmetall-Boss Armin Papperger hat ein Ziel: Im laufenden Geschäftsjahr soll ein sattes Umsatzplus her. 40 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr. Er will damit die Zehn-Milliarden-Euro-Umsatzmarke knacken. Dafür braucht er frische Fachkräfte, vor allem Munitionsdreher und Bombenbauer.

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