Schwierige Erholung
Von Karin Leukefeld, AleppoDie internationale Bauausstellung Buildex in Damaskus hat Anfang Juni zum 21. Mal stattgefunden. Ort war das Messegelände an der Flughafenautobahn. Ohne die von USA und EU gegen Syrien verhängten Wirtschaftssanktionen hätte sich das Land längst in eine große Baustelle verwandelt. Doch die Sanktionen verhindern nicht nur die Einfuhr von schweren Baugeräten und Baumaterialien, sondern vor allem notwendige Investitionen.
Der Stand der Firma Al-Bajan aus Damaskus strahlt in allen Farben des Regenbogens. Al-Bajan verkauft Leuchtmittel, Glühbirnen in allen Größen und Formen, »geeignet für Strom aus Batterien, besonders für Strom von Solarpaneelen, aber auch Starkstrom«, zählt Ingenieur Hasem H. auf. »Unsere Glühbirnen sind sehr sicher und haben eine Garantie von zwei Jahren«, betont er. »Vor dem Krieg waren wir schon sehr bekannt für unsere Produkte, doch unsere Fabrik und die gesamten Produktionsmittel wurden in ihm komplett zerstört«, sagt der Ingenieur. »Wir waren in Kabun unweit der alten Pullmann-Station, dem Busbahnhof Richtung Norden.« Als die Firma 2017 neu wiedereröffnet wurde, konnte man auf langjährige Erfahrung zurückblicken. Alle seien damals »optimistisch gewesen, dass Syrien wiederaufgebaut wird«. Doch es passierte nichts, der Ingenieur zuckt mit den Schultern: die Sanktionen, der Wirtschaftskrieg. Er seufzt: »Wenn die Regierungen, die das anordnen, nur die Politik vom Handel und der Wirtschaft unseres Landes trennen würden«, dann wäre schon viel geholfen.
Zu den großen Verlierern des Krieges gehören die Geschäftsleute von Aleppo. Die große Industriestadt Scheich Nadschar wurde von der oppositionellen »Freien Syrischen Armee« geplündert und zerstört, Maschinen, Computer, Fuhrparks und Rohstoffe wurden über die Grenze in die Türkei gebracht. Hasem Adschan, Generaldirektor von Scheich Nadschar, ist dennoch optimistisch, dass es wieder aufwärtsgehen wird. 945 Unternehmen hätten die Produktion wiederaufgenommen, Tendenz steigend, berichtet er im Gespräch mit jW. »Etwa die Hälfte der Unternehmen war vor dem Krieg schon hier, die andere Hälfte hat die Produktion neu aufgenommen«, fährt er fort. Die meisten seien Betriebe der Textilindustrie. Seit 2018 kann die Industriestadt wieder 24 Stunden an sieben Tagen die Woche mit Strom versorgt werden. Die damit verbundenen hohen Kosten hielten anfangs vor allem die kleineren Betriebe davon ab, das Angebot anzunehmen. Heute arbeiten 51.000 Menschen in Scheich Nadschar, die Hälfte in der Produktion, die andere im Wiederaufbau der Fabriken. Das Angebot der Industriestadt, eine Schule und Wohnungen für die Arbeiterfamilien zur Verfügung zu stellen, zieht viele an.
In der Süßwarenfabrik von Issa Al-Hassan wird als erstes ein hochgefüllter Teller mit Bonbons auf den Empfangstisch gestellt. Die Fabrik wurde 2009 gegründet, Vater und Großvater stellten Süßigkeiten noch in der Backstube her. Der Überfall auf Scheich Nadschar 2012 und der Krieg führten dazu, dass Al-Hassan seine Fabrik schließen musste. Er siedelte mit Familie in den Sudan um und startete die Produktion neu. Der Sudan war damals ruhig und bot eine gute neue Lebensgrundlage für viele Syrer. Als 2023 im Sudan der Krieg ausbracht, zog Issa mit Sohn Mohammed wieder zurück nach Scheich Nadschar und nahm dort die Produktion wieder auf.
»Die meisten unserer Maschinen kommen aus Europa. Sie sind alt, und es fehlen Ersatzteile«, erzählt Al-Hassan der Autorin bei einem Rundgang. »Aber wir haben clevere Ingenieure, die sie irgendwie reparieren können.« In einer der Hallen stehen fünf Arbeiter um ein Metallgerüst, an dem sie vorsichtig herumschrauben. »Weil wir von unseren früheren Partnerfirmen nicht mehr beliefert werden, haben die Ingenieure angefangen, die Maschinen nachzubauen.« Stolz zeigt er auf ein fast fertiges Duplikat einer alten Maschine. »So können wir die Produktion bei Bedarf steigern. Bonbons und Süßigkeiten gehen gut auf dem syrischen Markt und bei unseren arabischen Nachbarn. Beim Opferfest haben wir immer besonders viel zu tun.«
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