»Die Firma ist mit dem Militär verwoben«
Interview: Hendrik PachingerDie Firma Elbit steht seit langem in der Kritik. Auch der Standort in Ulm war bereits häufiger von Protesten betroffen. Wieso dort, was wird dort produziert?
Elbit Systems zählt als größtes privates israelisches Rüstungsunternehmen zu den Hauptausstattern des israelischen Militärs. Die Firma liefert zum Beispiel 80 Prozent der Drohnen der israelischen Armee. Elbit Systems Deutschland ist Teil dieses Unternehmens und daher für uns ein geeigneter Ort des Protests gegen Krieg, Militärbesatzung, Belagerung sowie Grenzabschottung und für ein Ende des Genozids in Gaza. Laut Elbit dient der Standort der Produktion von Radiotechnologie. Offiziell stellt Elbit Systems Deutschland sogenannte Lösungen unter anderem für folgende Bereiche her: Kommunikation, Nachtsicht, Aufklärung, unbemannte Systeme, elektronische Kampfführung, Optronik, Selbstschutz und Cybertechnik.
Sind Sie mit der Beteiligung an den Demonstrationen zufrieden?
Ja, ich bin zufrieden. Die Beteiligung war generationsübergreifend und internationalistisch, Teilnehmer kamen aus der Friedensbewegung, aus antikolonialen Kontexten, zum Beispiel durch das Antikoloniale Bündnis Ulm/Heidenheim, und auch die kurdische Gruppe YDG beteiligte sich an den Protesten. Wir bemühen uns immer wieder, Stimmen aus Gaza und aus Palästina Raum zu geben. Stimmen, die in den deutschen Medien wenig Aufmerksamkeit finden und die der aktuellen Entmenschlichung von Palästinensern entgegenwirken.
Sie fordern die Schließung des Werks. Wie könnte das geschehen?
Wir fordern den Besitzer der Fläche auf, das Mietverhältnis mit Elbit Systems Deutschland zu beenden. Dabei schließen wir an die Strategie von Palestine Action UK an, die nach monatelanger Kampagnenarbeit den Immobilienkonzern Fisher German erfolgreich dazu gedrängt hat, nicht weiter mit Elbit zusammenzuarbeiten. Wir wenden uns auch an die direkte Nachbarschaft und die Mitarbeiter von anderen Firmen, die im selben Gebäude arbeiten. Wir laden zum Austausch mit uns ein und regen an, zivile Stellenanzeigen an die Mitarbeiter von Elbit weiterzureichen.
Welche Rolle spielt Elbit in Israel?
Elbit Systems ist unmittelbar mit dem israelischen Militär und seiner völkerrechtswidrigen Besatzungs- und Belagerungspolitik verwoben. Die Rüstungsfabriken in Israel laufen seit Oktober rund um die Uhr, auch am Wochenende. Es wurden Hunderte Beschäftigte neu eingestellt, eine erhöhte Automation soll die Produktion beschleunigen. Rund 15 Prozent der 13.000 Beschäftigten von Elbit in Israel sind als Reservisten aktiv.
Nicht nur Elbit lässt in Ulm produzieren. Dort gibt es auch andere Rüstungsunternehmen. Wieso richtet sich der Protest so direkt gegen diese eine Firma?
Wir sind eine Kampagne, die angesichts des laufenden Völkermords in Gaza das primäre Ziel hat, die zwei Produktionsstandorte in Ulm und Elbits Büros in Berlin und Koblenz zu schließen. Dazu möchten wir Druck auf alle Firmen ausüben, die mit Elbit zusammenarbeiten. Bei allen unseren Demonstrationen fordern wir, dass von Ulm kein Krieg ausgehen darf. Wir richten uns damit auch gegen die Präsenz der Bundeswehr und der NATO, die mit dem Joint Support and Enabling Command ein Unterstützungskommando vor Ort unterhält. Ebenso richten wir uns bei allen Protesten auch gegen die Kriegsprofiteure Airbus, Thales, MBDA, Carl Walther und Hensoldt, die hier ebenfalls ansässig sind.
Schließt die Kampagne an internationale Proteste an?
Ja, kein Rüstungsunternehmen erfährt weltweit derzeit so viel Widerstand wie Elbit Systems. Besonders erfolgreich scheint Palestine Action in Großbritannien zu sein. Drei Standorte musste Elbit Systems dort schließen, andere Unternehmen beendeten die Zusammenarbeit mit der Firma. Auch in Australien, Brasilien, den USA und Schweden regt sich Widerstand. Es vergeht kaum eine Woche ohne direkte Aktionen gegen Elbit. Diese Rüstungsgüter werden in vielen Grenz- und Konfliktgebieten eingesetzt, zum Beispiel in Kaschmir, Armenien und Palästina.
Jacqueline Andres ist aktiv in der Kampagne »Shut Elbit Down«
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