Werkeln am Arbeitsrecht
Von Dieter ReinischDie neue britische Regierung will eine neue Arbeitsgesetzgebung durch das Parlament bringen. Premierminister Keir Starmer hatte schon im Wahlkampf versprochen, die besonders gewerkschaftsfeindliche Gesetzgebung der konservativen Vorgängerregierung innerhalb der ersten 100 Tage seiner Amtszeit abzuschaffen. Anfang August hatte Starmers Labour-Partei bereits die Abschaffung des Antistreikgesetzes angekündigt.
Die Regierung könnte nun noch weiter gehen und das Gewerkschaftsgesetz »Trade Union Act 2016« (TUA) aufheben, berichtete etwa der konservative Daily Telegraph am Montag. Das Gesetz wurde unter der Regierung von Expremier David Cameron eingeführt. Der Gewerkschaftsverband TUC hatte es mit seinem Inkrafttreten im Mai 2016 als »schwersten Angriff auf die Rechte der Gewerkschaften und ihrer Mitglieder seit einer Generation« bezeichnet.
Mitte Oktober solle ein Antrag auf Aufhebung des Trade Union Act 2016 vorgelegt werden, hieß es im entsprechenden Artikel des Telegraph. Die stellvertretende Premierministerin Angela Raynor plane, die restriktive Gewerkschaftsgesetze durch den »Employment Rights Act 2024« zu ersetzen, hieß es darin. Sollte Labour die Abschaffung des Gesetzes, wie kürzlich bekannt wurde, tatsächlich forcieren, würde das Streikrecht in Großbritannien deutlich verbessert.
Bislang sieht der TUA vor, dass sich 50 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder an Abstimmungen über einen Streik beteiligen. Durch das Gesetz mussten Ausstände zudem mit 14 Tagen Vorlauf angekündigt werden, Streiks und Streikmandate zudem alle sechs Monate mittels neuerlicher Abstimmung verlängert werden. Die Regierung plane, »die gescheiterte, vernichtende Politik der Konservativen in bezug auf die Arbeitsgesetzgebung zurückzunehmen, die zu den schlimmsten Streiks seit Jahrzehnten geführt hat«, zitierte der BBC eine anonyme Quelle aus der neuen Regierungspartei.
Das Antistreikgesetz sollte Feuerwehrleute, aber auch etwa Beschäftigte im öffentlichen Verkehr, im Gesundheitswesen und anderen Branchen zum Streikbruch zwingen. Der Generalsekretär der Feuerwehrgewerkschaft FBU, Matt Wrack, zeigte sich am Montag entsprechend erfreut und nannte die Ankündigung einen »riesigen Sieg für unsere Gewerkschaft«. Feuerwehrleute und andere Arbeiter würden das bestehende »autoritäre und undemokratische, arbeiterfeindliche Gesetz« mit Freude fallen sehen.
Schon der Trade Union Act 2016 habe laut Wrack darauf abgezielt, Arbeitsniederlegungen »zur Verteidigung der Arbeitsplätze, Löhne und Arbeitsbedingungen effektiv zu verbieten«. Der Feuerwehrgewerkschafter kommentierte: »Diese rachsüchtige, gewerkschaftsfeindliche Gesetzgebung, die von den Tories verabschiedet wurde, wäre in einer Diktatur nicht fehl am Platz gewesen.«
Die Regierungspläne würden »die Schleusen öffnen« für weitere Arbeitskämpfe. Kevin Hollinrake, der im Schattenkabinett der Konservativen als Staatssekretär für Wirtschaft und Handel vorgesehen war, ätzte im Telegraph, die Labour-Regierung habe »in nur sechs Wochen bewiesen, dass sie auf dem Lohnzettel der Gewerkschaft steht«. Die Gewerkschaftsbewegung habe in der aktuellen Regierung das Sagen und würde sich für »milliardenschwere Lohnerhöhungen, finanziert aus Steuermitteln« einsetzen und plane außerdem »bürokratische Hürden, die Kleinunternehmern teuer zu stehen kommen«. Damit spielte er auf Tarifeinigungen der Regierung mit Assistenzärzten und Lokführern an, die erst kürzlich langjährige Arbeitskämpfe beendet hatten. Auch die Universitätslektoren in Schottland hatten am Montag angekündigt, geplante Streiks »nach einem verbesserten Angebot« abzusagen.
Doch auch unter der Labour-Regierung wird weitergestreikt. So kündigte die Lokführergewerkschaft ASLEF am Wochenende an, ab 1. September bei der Bahnlinie LNER über zwei Monate insgesamt an 22 Tagen die Arbeit niederzulegen. Zum Ende des Monats wollen zudem Grenzbeamte der Gewerkschaft PCS am Flughafen Heathrow drei Tage lang streiken und einen dreiwöchigen Überstundenboykott anschließen.
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