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Aus: Ausgabe vom 24.08.2024, Seite 8 / Ansichten

Höflichkeitsbesucher das Tages: Narendra Modi

Von Reinhard Lauterbach, Poznań
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Narendra Modi lässt sich die guten Beziehungen zu Russland nicht so einfach verderben (Warschau, 22.8.2024)

Staatstragende Medien hatten sich schon im voraus überschlagen, als sie in dieser Woche Narendra Modi als »ersten indischen Regierungschef« ankündigten, der das »demokratische Polen« besuche. Wenn das mal keine große Ehre ist. Bei Lichte betrachtet, zeigt dieses Strapazieren des Kalenders natürlich eher, dass das indische Interesse an dem Land sich über ein halbes Jahrhundert in engen Grenzen gehalten hat.

Aber so darf man das nicht sehen. Indien, die Führungsnation des globalen Südens, suche den Kontakt zu Polen, »einer der Führungsnationen der EU«, blies die staatliche Nachrichtenagentur PAP in einem Hintergrundbeitrag die Backen auf. Nicht ohne freilich darauf hinzuweisen, dass Erwartungen, Indien bezüglich des Ukraine-Konflikts »auf die gute Seite« herüberziehen zu können (so Rzeczpospolita), wohl doch eher auf Wunschdenken beruhen.

Denn, wie ein Indien-Experte von der Universität Warschau der Agentur sagte: Objektive Interessen legten Indien nahe, es sich mit Russland nicht zu verderben. Schließlich mache russisches Öl inzwischen 44 Prozent des gesamten indischen Exports aus (vor dem Krieg 2,5), nicht zuletzt deshalb, weil es in Indien raffiniert und dann als indisches Benzin nach Europa weiterverkauft wird. Die Welt will halt betrogen sein, auch die westliche in ihrem Sanktionsfuror. Und Indien sei, so der Experte weiter, noch aus einem weiteren Grund nicht an einer Schwächung Russlands interessiert: weil eine solche automatisch China als Indiens Hauptrivalen in Asien stärken und politisch aufwerten würde.

Tja, dumm gelaufen. In der Ukraine, wohin Modi nach seiner zweitägigen Visite in Warschau am Freitag weiterreiste, ist das Medienecho mehr als mager. Was soll auch ein Land, dessen Führung sich nur dank des Krieges im Amt hält, mit einem Staatsgast anfangen, der seine Vermittlerdienste anbietet.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (25. August 2024 um 11:44 Uhr)
    Viel Lärm um nichts! In den vergangenen Jahren hat Indien seine sogenannte »Yoga-Diplomatie« intensiviert – ein Begriff, den die Medien verwenden, um den Ansatz Neu-Delhis zu beschreiben, seinen wachsenden globalen Einfluss zu festigen. Modis Besuch in Kiew fand eineinhalb Monate nach seiner Reise nach Moskau statt, wo er sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin traf – ein Treffen, das von Selenskyj scharf kritisiert wurde. In Indien üblich, umarmte Modi sowohl Putin als auch Selenskyj. Die Ukraine scheint sich an die schwachen Hoffnungen auf eine Friedenslösung zu klammern. Dass diese Hoffnungen nun auf Narendra Modi gerichtet sind – einen indischen Premierminister, der angeblich überzeugt ist, dass »kein Problem auf dem Schlachtfeld gelöst werden kann« – erscheint mir rätselhaft. Modi sollte diese Überzeugung zunächst an den eigenen Grenzen mit Pakistan und China umsetzen, bevor er sie als Ratschlag an andere weitergibt. Modis Besuch in der Ukraine verkörpert diese »Yoga-Diplomatie«, die darauf abzielt, Indiens Fähigkeit zu demonstrieren, sowohl mit Russland als auch mit der Ukraine in Dialog zu treten, und gleichzeitig die Bedenken mehrerer westlicher Länder bezüglich seines vorangegangenen Besuchs in Moskau zu zerstreuen. Der Besuch des indischen Premierministers bleibt letztlich eine bloße symbolische Präsenz; er wird keine nennenswerte Wirkung auf die Entschärfung der durch die ukrainische Offensive in der russischen Region Kursk bereits eskalierten Krise haben, da Neu-Delhi es derzeit an der notwendigen Stärke und dem Einfluss fehlt, um die Kluft zwischen Moskau und Kiew zu überbrücken. Zudem ist seine Geltung in Europa sehr begrenzt.

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