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Aus: Ausgabe vom 11.09.2024, Seite 5 / Inland
Bundeshaushalt 2025

Die neue FDP-Normalität

Beginn der Haushaltswoche im Bundestag: Luftbuchungen und Wunderträume
Von Alexander Reich
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»Solange es möglich ist, sich zu einigen …« – Christian Lindner am Dienstag im Bundestag

Ohne größere Überraschungen hat am Dienstag im Bundestag die sogenannte Haushaltswoche begonnen. Knapp 489 Milliarden Euro sollen 2025 ausgegeben werden, wobei von zwölf Milliarden offiziell nicht klar ist, wo sie herkommen sollen. Die Ampelregierung hofft schlicht darauf, dass irgendwelche Zuwendungen nicht abgerufen werden. Damit war Finanzminister Christian Lindner (FDP) als erster Redner am Dienstag nicht ganz zufrieden, aber sei’s drum: »Solange es möglich ist, sich zu einigen …«

Der Rüstungsetat steigt weiter, da beißt die Maus keinen Faden ab. Sozialausgaben werden zusammengestrichen, aber es soll zum Sterben erst einmal noch zu viel bleiben, und nach Lage der Dinge wird die Zahl der Bedürftigen explodieren. Schließlich hat die Bundesregierung das Land in die Rezession geführt. Sie kann das allerdings nicht anerkennen, ohne auseinanderzufliegen.

Also bleibt ihr am Ende gar nichts anderes übrig, als von einem Wirtschaftswunder zu träumen. Je weniger Anzeichen sich dafür finden lassen, desto schillernder die Traumfarben. Das muss Lindner gemeint haben, als er am Dienstag verkündete: »Dieser Haushalt nimmt die neue Normalität unserer Gegenwart an!« Dafür gab es großen Applaus von der fast vollzählig versammelten FDP-Fraktion. Sonst herrschte im Hause gähnende Leere, aber die Liberalen waren zum Klatschen verdonnert.

Beim Bürgergeld beispielsweise sollen die Ausgaben im kommenden Jahr um 5,3 Milliarden Euro gesenkt werden. Und zwar einfach dadurch, dass mehr als 600.000 Bezieher in reguläre Beschäftigung gebracht werden. Dass dies durch die beschlossenen Drangsalierungen – Verschärfung von Sanktionen, Ausweitung der Zumutbarkeitsregeln – möglich wäre, dürfte auch in der Ampel niemand glauben. Vielmehr soll ein Jobwunder kommen und die Lahmen beflügeln.

Wer braucht da noch Jugendberufsagenturen, die jungen Arbeitslosen Schneisen in das Dickicht der Sozialgesetzbücher schlagen? Auch diese Mittel werden im Haushaltsentwurf für 2025 zusammengestrichen. Und dabei liegt der Anteil junger Erwachsener ohne Abitur oder Ausbildung in der BRD bereits über dem Schnitt aller Industrienationen, wie die OECD am Dienstag mit Verweis auf eine eigene Studie mitteilte. Seit 2016 sei der Anteil dieser 25- bis 34jährigen in der BRD von 13 auf 16 Prozent gestiegen, so die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Der OECD-Schnitt liege bei 14 Prozent.

Das Heer der Abgehängten wird größer, die Fördermöglichkeiten werden gestutzt: Qualifizierungsmaßnahmen eingestellt, öffentlich geförderte Stellen gestrichen. Was die Ampel da zusammenbraut, hat das Zeug zum perfekten Sturm.

Auch Amira Mohamed Ali (BSW) wies in einer kurzen Rede auf »Luftbuchungen und unrealistische Prognosen« der Haushaltsplaner hin, konkretisierte entgeistert: »Sie denken sich einfach Einnahmen aus; 14,3 Milliarden sollen aus irgendwelchen Wachstumsinitiativen kommen!«

Die Chefs der großen Sozialverbände wirkten am Dienstag wie Rufer in der Wüste. »Kürzungen im Sozialbereich und drohende Beitragserhöhungen bei Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung führen zu noch mehr Unzufriedenheit bei vielen Menschen«, erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele zum Auftakt der Haushaltswoche. Der Haushaltsentwurf drohe »die Gesellschaft weiter zu spalten«.

Und auch der Präsident der in Verteilungsfragen eher zurückhaltenden Diakonie, Rüdiger Schuch, mochte schon lange nicht mehr erklären, warum bei jeder Haushaltsdebatte die Finanzierung sozialer Aufgaben in Frage gestellt wird. Gleichzeitig wachsen die Vermögen einiger Weniger.

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