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Aus: Ausgabe vom 27.09.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Großbritannien

Labour gegen Starmer

Parteitag in Liverpool endet für britischen Premier mit Abstimmungsniederlagen. Mehrheit gegen Sozialkürzungen, für Reichensteuern und Arbeitsrechtsreformen
Von Dieter Reinisch
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»Schlinge um unseren Hals«: Unite-Gewerkschafter um Sharon Graham nach der Abstimmung am Mittwoch

Nicht nur das Wetter war mies beim Parteitag der britischen Labour-Party in Liverpool. Zum Auftakt veröffentlichte die Times am Dienstag Ergebnisse einer Erhebung, nach der die Zustimmungswerte für Premier Keir Starmer seit dem Regierungsantritt im Juli um 30 Prozent gesunken sind. Für 53 Prozent der Bevölkerung macht Starmer demnach »einen schlechten Job«.

Zum Abschluss des Parteitags am Mittwoch nachmittag musste der Premier dann einige herbe Schlappen einstecken. Die Delegierten stimmten mehrheitlich für eine Resolution, die eine Rücknahme der geplanten Kürzungen von Heizkostenzuschüssen für Rentner fordert. Einen Tag nach Starmers Rede über den »notwendigen Wandel« und den »Wiederaufbau des Landes« entzog ihm die Mehrheit der Delegierten damit die Unterstützung.

Sharon Graham, Generalsekretärin der Gewerkschaft Unite, die die Resolution mit eingebracht hatte, erklärte: »Ich verstehe nicht, wie unsere neue Labour-Regierung die Winterheizkostenzuschüsse für Rentner kürzen kann, ohne die Superreichen auch nur anzutasten.« Starmer hatte die Kürzung in seiner Rede »unpopulär« genannt, wegen eines von der Vorgängerregierung hinterlassenen Haushaltslochs gebe es jedoch keine Alternative. Künftig sollen nur noch die allerärmsten Rentner im Winter den Heizkostenzuschuss von 300 Pfund (360 Euro) erhalten. Zehn Millionen Rentner sollen den Anspruch verlieren.

Das Ergebnis der von den Gewerkschaftern durchgesetzten Abstimmung ist für die Regierung nicht bindend. Für Starmer ist es gleichwohl ein Dämpfer. Sich gegen den Beschluss des Parteitags und die mächtigen Gewerkschaften zu stellen, könne sich der schwächelnde Regierungschef kaum leisten, meinten Beobachter. Im Antrag wurde nicht nur die Rücknahme der einen Kürzung gefordert, sondern die aller Budgetvorgaben, die auf Ausgabenkürzungen hinauslaufen, außerdem die Einführung einer Vermögenssteuer für das eine Prozent Superreiche, einer Übergewinnsteuer und die Angleichung der Kapitalertragssteuer an die Einkommenssteuer.

Graham lobte in ihrer Rede auf dem Parteitag am Mittwoch die Labour-Regierung von 1945 dafür, wie sie das Land ohne Austerität umgestaltet habe. Das war ein deutlicher Angriff auf Starmer, der am Vortag betont hatte, dass »harte ökonomische Einschnitte« notwendig seien, um »Großbritannien wieder aufzubauen«. Graham hielt dagegen: »Die Entscheidung, die Budgetvorgaben beizubehalten, hängt wie eine Schlinge um unseren Hals.«

Der Chefredakteur der Labour-nahen Onlineplattform Leftfoot Forward bewertete die Verabschiedung des Antrags als »schweren Schlag für die Parteiführung«: »Nur wenige Monate nach Labours überwältigendem Wahlsieg kommt es bereits zu tiefen Spaltungen innerhalb der Partei und der Labour-Bewegung insgesamt.«

Starmer verlor am Mittwoch noch eine zweite Abstimmung: Die Delegierten unterstützten einen Antrag der Gewerkschaften Unite und GMB, der die Partei auffordert, »Null-Stunden-Verträge« zu verbieten. Damit steht die Regierung unter Druck, versprochene Arbeitsrechtsreformen umzusetzen.

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