Minderheit für Verbot
Von Karim NatourDer Antrag für ein AfD-Verbot, den Abgeordnete verschiedener Fraktionen vorbereiten, soll offenbar in dieser und der nächsten Woche in den Fraktionssitzungen vorgestellt werden. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, erklärte der dpa, sieben Abgeordnete seiner Fraktion (von insgesamt 196) stünden hinter dem Vorhaben. Frei selbst äußerte rechtliche und politische Bedenken gegen einen Verbotsantrag. Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erklärte in Berlin, es sei kein Mitglied der CSU unter den Initiatoren.
37 Bundestagsabgeordnete (von insgesamt 733) von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Union und Die Linke wollen beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein Verbotsverfahren zur AfD beantragen. Beobachter sehen den Antrag als Reaktion auf die Wahlsiege der Partei bei den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen im September, wo sie jeweils fast ein Drittel der Stimmen erlangen konnte. Der AfD wird in dem Antrag vorgeworfen, die »freiheitlich-demokratische Grundordnung« abschaffen zu wollen sowie gegenüber dieser eine »aktiv kämpferisch-aggressive Haltung« einzunehmen. Die AfD soll laut dem Antrag zudem von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen werden. Eine Mehrheit im Parlament ist unwahrscheinlich. Mehrere Abgeordnete haben sich bisher kritisch zu dem Antrag geäußert. Einerseits wegen Zweifel am Erfolg eines möglichen Verfahrens, andererseits weil die Partei durch ein solches Verfahren wahrscheinlich mehr Zustimmung erhalten würde.
Die Partei selbst blickt nach eigenen Angaben gelassen auf den Antrag. Ihr erster parlamentarischer Geschäftsführer Bernd Baumann sagte am Dienstag in Berlin: »Das ist der allerletzte Versuch von Parteien, die vom Wähler fürchterlich zu Recht abgestraft worden sind«. Prinzipiell stellte er sich nicht gegen Parteienverbote. So sei etwa die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) zu Recht verboten worden. Bei linken und rechten »Extremisten« könne man Verbote anstreben. Davon sei seine Partei »weiter entfernt« als die anderen Parteien im Bundestag.
Zuletzt war das Verfassungsgericht in Karlsruhe 2017 mit einem Parteiverbotsverfahren befasst. Ein Verbot der rechten Partei NPD wurde damals abgelehnt, weil diese aufgrund ihrer geringen Größe nicht das Potential habe, ihre verfassungsfeindlichen Ziele in die Tat umzusetzen. Die Hürden für ein Verbot gelten als hoch.
Martina Renner (Die Linke), Mitinitiatorin des Antrags, verteidigte das Vorhaben am Wochenende. »Aus guten, historischen Gründen sind die Hürden für ein Parteiverbot in Deutschland hoch«, erklärte sie gegenüber dem Portal T-online. »Doch aus ebenso guten und ebenso historischen Gründen sieht das Grundgesetz diese Mittel als Selbstverteidigung unserer Demokratie vor.«
Der ehemalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel warnte indessen vor einem Verfahren zum Verbot der AfD. »Das wäre die Bankrotterklärung der Politik, die Partei nicht inhaltlich stellen zu können«, sagte Gabriel dem Handelsblatt (Dienstag). Die Partei könnte von einem solchen Schritt profitieren: »Ein Parteiverbot birgt das Risiko, dass die AfD bei den nächsten Wahlen nicht auf 30, sondern auf 40 Prozent kommt.« Andrea Lindholz (CSU) kritisierte den geplanten Antrag ebenfalls. »Ein Verbotsverfahren würde es der AfD ermöglichen, sich als Opfer darzustellen und von ihren inhaltlichen Defiziten abzulenken«, sagte die Vizechefin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion dem Handelsblatt. Nur eine inhaltlich-politische Auseinandersetzung werde den Höhenflug dieser Partei beenden. CSU-Parteichef Markus Söder hatte bereits am Montag seine Ablehnung eines AfD-Verbotsverfahrens verkündet.
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