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Aus: Ausgabe vom 23.11.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Berliner Haushaltskürzungen

»An sie wird als erstes gedacht, wenn gekürzt wird«

Wo die Berliner Regierung Mittel für Kinder und Jugendliche streichen will. Ein Gespräch mit Fabi Gacon
Von Max Ongsiek
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Permanent im Wartestand: Kinder und Jugendliche

Der Berliner Senat will sieben Millionen Euro bei Kindern und Jugendlichen sparen. Wie setzt sich diese Summe zusammen?

Das sind vor allem Mittel, die im Landeshaushalt sonst für freie Jugendarbeit, außerschulische politische Bildung und Jugendsozialarbeit bereitgestellt werden. In der Vergangenheit waren das 67 Millionen Euro. Von denen sollen laut Plan 8,5 Millionen Euro, also ungefähr 12,6 Prozent, weggekürzt werden.

Welche Haushaltskürzungen betreffen Kinder und Jugendliche besonders? Welche Projekte trifft das, und welche trifft es besonders heftig?

Es sind vor allem Projekte aus der freien Jugendarbeit, in der kulturellen Bildung, in der politischen Bildung, aber auch im Kinderschutz. Betroffen sind auch Angebote für Kinder und Jugendliche, die in Unterkünften für Geflüchtete leben. Es geht auch um die Kürzung von Projektmitteln, da die außerschulische Bildung oft über bestimmte Projekte finanziert wird. Tatsächlich haben wir zum Beispiel eine versteckte Kürzung im Haushalt entdeckt, die Kinder und Jugendliche nur indirekt betrifft. Denn die Träger sind ja dazu angehalten, ähnliche Gehälter wie im Land zu zahlen. Hierfür stellt das Land Berlin bestimmte Tarifmittelaufwüchse zur Verfügung, einfach, um das Personal angepasst auf Inflation und Tarifsteigerung bezahlen zu können. Diese Mittel werden komplett gekürzt, und damit haben die Träger in der Summe zehn Prozent weniger zur Verfügung.

Die Kürzungen sind also dramatisch?

Ja, vor allem, weil junge Leute ja auch an anderen Stellen betroffen sind. Also da reden wir nicht nur über den Jugendetat, sondern über die Kürzungen im Radwegebau. Junge Menschen sollen in Berlin morgens mit dem Fahrrad zur Schule fahren können, haben aber keine sichere Fahrradinfrastruktur. Viele Bauprojekte, die sichere Fahrradwege herstellen sollten, können wahrscheinlich nicht durchgeführt werden. Was soll das? Viele negativen Entwicklungen, die mit den Kürzungen einhergehen, sind noch nicht ganz sichtbar. Und davor graut uns tatsächlich.

Wie steht es um die Kinder- und Jugendpolitik der Landesregierung? Welche Rolle spielen Kinder und Jugendliche dort tatsächlich? In ihren »Richtlinien der Regierungspolitik« hatte sich die Berliner Landesregierung dazu bekannt, eine Jugendstrategie entwickeln zu wollen. Besteht die Strategie jetzt darin, die Lebensqualität der Jugendlichen wegzukürzen?

Eine Jugendstrategie fordern wir seit Jahren. Wir betonen allerdings auch, dass Jugendpolitik nicht nur Aufgabe der Jugendsenatorin ist, sondern Aufgabe von allen. Auch das Thema Mieten berührt die Jugendarbeit. Junge Menschen müssen ja erst einmal die finanziellen Möglichkeiten haben, von zu Hause ausziehen zu können. Innerhalb von Berlin ist das aktuell nicht möglich. Wir brauchen auch eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe und einen begleitenden Beirat, wo Expertinnen aus der Jugendarbeit und aus der freien Jugendhilfe mit dabei sind. Die können dann sagen: »Hey, an den und den Stellen sind junge Menschen übrigens auch betroffen.« Und dann kann erst eine erfolgreiche Jugendstrategie auf den Weg gebracht werden. Schon bei der Strategiefindung müssen junge Menschen beteiligt werden. Aktuell müssen wir sagen, dass Kinder und Jugendliche gerade immer hintanstehen. An die wird als letztes gedacht, wenn es um die Schaffung von neuen Angeboten geht. Und als erstes dran gedacht, wenn der Rotstift gezückt wird.

Zuletzt Anfang des Jahres wollte der Senat das Budget der Kinder- und Jugendarbeit drastisch kürzen. Nachdem die Jugendverbände deswegen auf die Straße gegangen sind, nahm die Regierung die Haushaltskürzungen wieder zurück. Kann Protest also auch jetzt zur Rücknahme der Kürzungen führen?

Wir hoffen natürlich. Deswegen waren wir am Donnerstag auf der #unkürzbar-Demonstration. Das zeigt auch, wir sind mobilisierungsfähig. Gerade junge Menschen haben einen Blick drauf, was ihnen in Berlin noch für Möglichkeiten bleiben. Und dann gehen sie auch wütend und aufgewühlt auf die Straße.

Fabi Gacon ist Vorsitzender des Landesjugendrings Berlin

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