»Die israelische Regierung ist ein wichtiger Kunde«
Interview: Alex FavalliIhre Organisation kritisiert die E-Commerce-Riesen Google und Amazon für das Betreiben von IT-Projekten wie »Nimbus« und »Lavender«. Worum handelt es sich dabei?
Nimbus und Lavender bieten Cloud-Computing- und KI-Dienste für Regierungen an, einschließlich Militärs und Geheimdienste. Sie unterstützen im allgemeinen Datenanalyse, Datenspeicherung und Überwachung. Google und Amazon verhalten sich jedoch alarmierend undurchsichtig, wenn es um die Details von Project Nimbus geht, das derzeit von der israelischen Regierung eingesetzt wird.
Was ist daran problematisch?
Wir vermuten, dass Nimbus direkt mit Lavender im Zusammenhang steht. Letzteres ist die KI der israelischen Regierung, die Berichten zufolge zur Bombardierung von Gaza eingesetzt wird. Die Konzerne haben nicht offengelegt, wie ihre Technologien eingesetzt werden, welche Sicherheitsvorkehrungen bestehen, um Missbrauch zu verhindern, oder wie sie die Einhaltung ihrer erklärten Verpflichtungen in bezug auf Menschenrechte gewährleisten.
Wer sind die Kunden und zu welchem Preis setzen sie die Technologien ein?
Für Project Nimbus ist die israelische Regierung ein wichtiger Kunde. Berichten zufolge haben Amazon und Google im Rahmen dieses Vertrags 1,2 Milliarden Dollar erhalten. Als Folge des Einsatzes dieser Technologien drohen systematische Unterdrückung, Verhaftungen und Tötungen.
Wie wurden diese Technologien bislang im Nahen Osten eingesetzt?
Der genaue Einsatz bleibt aufgrund mangelnder Transparenz seitens Googles und Amazon unklar. Die bestehenden Muster in den besetzten palästinensischen Gebieten sind aber zutiefst beunruhigend. Darüber hinaus wurden digitale Plattformen genutzt, um palästinensische Stimmen zu überwachen und zu unterdrücken. Es gibt auch ein breiteres Muster der Moderation von Inhalten und der digitalen Infrastruktur, die zur Unterstützung einer ungerechten Machtdynamik eingesetzt werden. Angesichts dessen gibt es berechtigte Bedenken, dass die im Rahmen des Projekts Nimbus oder ähnlicher Initiativen entwickelten Werkzeuge in ähnlicher Weise dazu genutzt werden, gefährliche Praktiken voranzubringen, einschließlich Überwachung und Zensur.
Das Schweigen der Unternehmen hat die Electronic Frontier Foundation, EFF, dazu veranlasst, »die Ernsthaftigkeit ihrer Versprechen« in bezug auf die Achtung der Menschenrechte in Frage zu stellen. Was hat Sie zu der Annahme veranlasst, dass die Unternehmen ihre Versprechen einhalten, wenn doch dadurch die Gewinnspanne gefährdet würde?
Unternehmen machen Menschenrechtsversprechen, weil ihre Mitarbeiter, die Öffentlichkeit, ihre Aktionäre, Regierungen und Kunden Druck ausüben. So können sie beispielsweise Kritik entkräften oder ein Geschäft sichern. Es ist aber wichtig, sie an ihre Versprechen zu binden, damit sie nicht den Anschein erwecken, die Menschenrechte zu respektieren, während sie in Wirklichkeit Missbrauch ermöglichen. Das Schweigen und das Versäumnis von Google und Amazon, auf berechtigte Menschenrechtsbedenken einzugehen, lassen Zweifel aufkommen, ob sie ihre eigenen Versprechen einhalten.
Die EFF versucht, Druck auf die Unternehmen auszuüben, um sie zur Verantwortung zu ziehen. Nichts verpflichtet Unternehmen, ihre Versprechen einzuhalten. Streben Sie angesichts der Vorwürfe rechtliche Schritte an?
Die EFF setzt sich für eine Reihe von Ansätzen ein, um Unternehmen für ihre Rolle bei Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen. Wir haben bereits in anderen Zusammenhängen rechtliche Bemühungen unterstützt, etwa im Fall Cisco, wo es auch um die Beteiligung des Unternehmens an der Entwicklung von Überwachungs- und Repressionsinstrumenten ging. Wir haben die Klagen mit unseren Ressourcen vorangetrieben.
Jede Situation ist anders und die EFF wird weiterhin alle Möglichkeiten ausloten – sei es durch öffentlichen Druck oder rechtliche Mittel, um sicherzustellen, dass Unternehmen wie Google und Amazon zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie ihrer Verantwortung nicht nachkommen.
Betelhem Zewge Gedlu ist Anwältin bei der US-amerikanischen Datenschutzorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) mit den Fachgebieten geistiges Eigentum und Menschenrechte
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