Nachschlag: Ganz neue Welt
Wolfgang Herrndorf erinnerte sich gut an Huckleberry Finns Abenteuer und eine ihrer Voraussetzungen: »I felt so lonesome I most wished I was dead.« Das ist die todtraurige alte amerikanische Literaturherrlichkeit. So einsam, dass man dringend sterben möchte, in einer Kammer umgeben von Eulen und Gespensterglauben und Hexen und Spinnen bei Kerzenlicht – und draußen die verstörenden Geräusche und der Sternenhimmel über allem. Herrndorf wollte sich diese Einsamkeit zurückerobern: »Jetzt war es eine ganz neue Welt, eine vollkommen andere Welt als bei Tag, es war, als hätte ich auf einmal Amerika entdeckt«, sagt der Ich-Erzähler seines Romans »Tschick« über seine erste Nacht draußen im Freien. Fast wie bei Mark Twain. Irgendwie findet sich das auch in Fatih Akıns Verfilmung wieder, nur die literarische Verzweiflung scheint verlorengegangen zu sein. Sie wurde wohl erst gar nicht gesucht. Der deutsche Film hantiert lieber mit dem Provinziellen und Routinierten, statt mit den Träumen überlegener amerikanischer Literatur. (aha)
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