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Aus: Ausgabe vom 31.01.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
Geopolitik

Seltenes unter Grönlands Erde

Die große arktische Insel sitzt auf wertvollen Rohstoffen. Das weckt Begehrlichkeiten bei EU und USA
Von Jörg Kronauer
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Dank der Klimakatastrophe geben die schmelzenden Gletscher Grönlands unermessliche Ressourcen frei (Nuuk, 11.9.2021)

Grönland besitzt für äußere Mächte wie etwa die Vereinigten Staaten nicht nur wegen seiner geostrategischen Lage erhebliche Bedeutung, sondern auch wegen seiner reichhaltigen Rohstoffvorkommen. Von den 34 Rohstoffen, die die EU-Kommission offiziell als strategisch wichtig einstuft, liegen 25 in seinem Boden. Grönland besitzt erhebliche Mengen unter anderem an Gold, Platin, Eisen, Zink, Niob, Lithium und Uran; vor allem aber finden sich auf der Insel gewaltige Vorkommen an seltenen Erden. Dabei ragen zwei Lagerstätten nahe der Ortschaft Narsaq unweit Grönlands Südspitze heraus – Kringlerne und Kvanefjeld. Insgesamt könne man mit den grönländischen Vorräten den globalen Bedarf 150 Jahre lang decken, schätzte unlängst ein Experte der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Grönlands Regierung hätte grundsätzlich ein großes Interesse, den Abbau der Ressourcen voranzutreiben; die Einnahmen daraus ermöglichten es, die Trennung von Dänemark und die ersehnte Eigenstaatlichkeit zu finanzieren. Allerdings gibt es dabei Schwierigkeiten. Eine davon: Die Lagerstätte Kvanefjeld, die bedeutendste des Landes, enthält außer den seltenen Erden auch Uran. Dieses aber darf nach einem Beschluss des grönländischen Parlaments von Ende 2021 wegen ernster Gefahren für die höchst sensible arktische Umwelt nicht abgebaut werden. Zudem hat die bundeseigene Außenwirtschaftsagentur Germany Trade and Invest (GTAI) im Dezember 2024 darauf hingewiesen, dass »die lokale Industrie bisher unterentwickelt« sei. Wolle man in Grönland Bodenschätze ausbeuten, dann erfordere das »hohe Anlaufkosten für die Infrastruktur« – und dies »unter rauen Wetterbedingungen«.

Die Vereinigten Staaten lassen aktuell Interesse am Abbau der seltenen Erden in Grönland erkennen, die EU bereits seit längerer Zeit. Im November 2023 hat Brüssel eigens eine strategische Partnerschaft mit Nuuk zum Abbau der grönländischen Rohstoffe geschlossen. Seit US-Präsident Donald Trump mit der Annexion der Insel droht, sind die Bemühungen in der EU verstärkt worden, die Kooperation in Sachen Ressourcen zu konkretisieren, um Grönland ökonomisch enger an die EU zu binden. Ein zentrales Motiv ist aber für Brüssel wie auch für Washington der Wunsch, bei der Beschaffung seltener Erden von China unabhängig zu werden. Die Volksrepublik dominiert heute den Weltmarkt für die Rohstoffe, die man für modernste IT- und Klimatechnologien braucht. Für den Westen, der den Konflikt mit China stets verschärft, ist das unerfreulich.

Selbst ein ungehinderter Zugriff auf Grönlands seltene Erden wird das Problem allerdings kaum lösen können. Denn, darauf hat im Oktober 2024 die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) aus Berlin hingewiesen: Mangel herrscht nicht an Lagerstätten seltener Erden, die man beispielsweise in Australien, in Kanada und sogar in den USA in großen Mengen findet. Das Problem liege vielmehr darin, konstatiert die SWP, dass »die teure und umweltbelastende Verarbeitung« der seltenen Erden im Westen vermieden werde. Die unverarbeiteten seltenen Erden würden statt dessen »nach China zur Aufbereitung« transportiert. Chinesische Firmen hätten deshalb mittlerweile nahezu ein Monopol beim Know-how in Sachen Verarbeitung dieser Rohstoffe. China besitze die »Kontrolle über Technologien, Produktionskapazitäten, Wertschöpfungsketten, Exportquoten und Preise«. Die Aufbereitung eigenständig im Westen durchzuführen, ist teuer, und es dauert, bis man die Technologien entwickelt hat. Daran ändert auch eine etwaige Annexion Grönlands durch die Vereinigten Staaten nichts.

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