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Aus: Ausgabe vom 04.02.2025, Seite 1 / Titel
Wirtschaftskrise

Zuversicht reicht nicht

Zollankündigungen der USA dämpfen Börsenkurse der BRD-Industrie. Während Mieten teurer werden, träumt die Regierung von mehr Kaufkraft
Von David Maiwald
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Ziele vergeigt, trotzdem optimistisch: Der Wohnungsmarkt ist das sichtbarste Anzeichen der Wirtschaftsmisere

Die Bundesregierung hat ihre Erwartungen zur wirtschaftlichen Entwicklung im laufenden Jahr gerade erst nach unten korrigiert. Doch nur einige Tage später empfiehlt sich bereits eine ordentliche Portion Optimismus, sollte man die Prognosen der Bundesregierung als zutreffend einschätzen. Denn auf die BRD-Wirtschaft kommen mit den Zollanhebungen des neuen US-Präsidenten Donald Trump noch größere Verwerfungen zu. Obwohl der Republikaner im Wahlkampf schon mit Zolldrohungen um sich geworfen hatte, finden sich etwaige Überlegungen nicht in der Jahresprognose der Resteampel. Im dritten Rezessionsjahr wird die Regierung ihre Versprechungen wohl deutlich früher der Realität anpassen müssen.

Zwar wurde die Zollanhebung gegen Mexiko am Montag um einen Monat verschoben, nachdem Präsidentin Claudia Sheinbaum angekündigt hatte, 10.000 Soldaten an der US-Grenze gegen den Drogenhandel einsetzen zu wollen. Doch allein durch die Zollankündigungen gegen ihr Land und gegen Kanada hatten die Aktien wichtiger deutscher Industriekonzerne zwischenzeitlich schon an Wert verloren. Am Montag büßten Börsenkurse von Konzernen wie Volkswagen, BMW, Continental und Daimler Truck mitunter zwischen vier und sechs Prozent ein.

Auch die Chemieriesen Bayer und BASF verzeichneten Kursrückgänge um jeweils drei Prozent. Der Verband der chemischen Industrie drückte darüber dann seine »Sorge« aus, auch der Maschinenbauverband VDMA befand, die Zölle würden seine Branchenbetriebe in der BRD »stark treffen«. Der deutschen Wirtschaft drohe »ein spürbarer Dämpfer«, hieß es auch vom Industrie­lobbyverband BDI. Da kam dann das Bundeswirtschaftsministerium nicht umhin zu erklären, selbst »in großer Sorge« zu sein. Zu Recht – der Druck für BRD-Konzerne, ihre Produktion in die USA zu verlagern, steigt.

Schnell hat sich Schatten über die »Lichtblicke« geworfen, die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) noch bei Vorstellung seines Jahresberichts ausgemacht haben wollte. Dass der Konsum privater Haushalte bald alles andere als »Fahrt aufnehmen« wird, wie Habeck behauptet hatte, zeigte am Montag auch eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW): Mietwohnungen wurden Ende 2024 im Schnitt 4,7 Prozent teurer angeboten als noch im Vorjahr. Spitzenreiter dieser Entwicklung war wie so häufig Berlin, wo Mieter sogar 8,5 Prozent mehr für neu angebotene Wohnungen bezahlen. Seit 2022 konnten Vermieter im Schnitt zwischen neun und 11,5 Prozent mehr Miete in deutschen Städten kassieren, in Berlin waren es sogar mehr als 22 Prozent Preissteigerung.

Einer Umfrage des Instituts Verian für die Partei Die Linke zufolge sprachen sich 72 Prozent der Befragten dafür aus, »dass Wohnungsmieten ab sofort und bundesweit in den nächsten sechs Jahren nicht erhöht werden dürfen«. In Ostdeutschland vertreten das mit 85 Prozent sogar noch deutlich mehr Menschen als im Westen (70 Prozent), teilte Die Linke am Montag mit.

Aussichten auf eine zeitnahe Umsetzung dieser Forderungen gibt es derzeit allerdings ebensowenig wie auf mehr staatlichen Wohnungsbau. Nachdem die Resteampel sämtliche Neubauziele vergeigt hat, dürfte das Angebot an Wohnraum weiterhin knapp bleiben. Wurden im vergangenen Jahr lediglich 260.000 neue Wohnungen fertiggestellt, dürften es 2025 sogar nur 230.000 werden, prognostizierte das IW. Da bleibt nur noch »Zuversicht«, wie sie Habeck derzeit landauf, landab verbreiten will.

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