Im Schatten von Blackrock
Von Klaus FischerFriedrich Merz will der nächste Bundeskanzler werden. Deshalb war seine Teilnahme beim diesjährigen Treffen des World Economic Forum (WEF) in Davos wohl Pflicht. Doch über das Schaulaufen auf der Multibühnenveranstaltung im Schweizer Nobelkurort hinaus, demonstrierte der Kandidat der Unionsparteien, dass er zu seinen Wurzeln steht – und sein früherer »Arbeitgeber« zu ihm. Bei einem Abendessen außerhalb des offiziellen WEF-Terminkalenders – ausgerichtet von Blackrock-Chef Laurence »Larry« Fink – durfte Merz eine knappe Bewerbungsrede für den BRD-Kanzlerjob halten.
Merz ist kein Young Global Leader (YGL) des WEF – wie etwa frühere Polit- und Wirtschaftsgrößen, unter denen Angel Merkel, Nicolas Sarkozy, der frühere britische Labour-Premier Anthony Blair oder US-Multimilliardär Bill Gates hervorstechen. Auch zählt er nicht zur späteren Generation, wie etwa Emmanuel Macron oder Annalena Baerbock. Dafür bringt der CDU-Chef die aktuell viel wertvollere Referenz des weltgrößten Vermögensverwalters mit – bei dessen deutschem Ableger er bis 2020 Aufsichtsratschef war.
Eine Empfehlung von Blackrock wiegt aktuell schwerer, als eine des WEF. Das hat vor allem damit zu tun, dass das Forum auf die Zuwendungen großer Sponsoren bauen muss. Blackrock indes verwaltet die Gelder der mächtigsten Kapitaleigner und unzähliger Kleinanleger, vermehrt sie und nutzt sie zu ganz eigenen Zwecken: der Machtprojektion in Aufsichtsräte, Vorstände und sonstige Führungsgremien jener Unternehmen, von denen der Megainvestor Anteile besitzt.
Welche Dimensionen Blackrock Inc. inzwischen angenommen hat, wurde Mitte Januar deutlich, als der Finanzriese Zahlen für 2024 veröffentlichte. Demnach konnte er sein verwaltetes Vermögen (und damit seine Handlungsmacht) um 641 Milliarden US-Dollar (611 Milliarden Euro) erhöhen. Insgesamt herrscht der in New York City ansässige Konzern über die Summe von 11,6 Billionen (US-Trillions) Dollar. Das entspricht in etwa der zusammengerechneten nominalen Wirtschaftsleistung von Deutschland, Japan und Frankreich im Jahr 2023 (IWF-Zahlen).
Der enorme Zufluss macht deutlich: Blackrock gilt für Anleger, die trotz inflationärer Kurssteigerungen an wichtigen Börsen auf »gute Rendite« hoffen, als eine Art sicherer Hafen. Und es festigt dessen Poleposition. Gleichzeitig nährt es den Verdacht, dass die nahezu verzweifelte Hoffnung auf eine wundersame Geldvermehrung via Megafonds sich weiter von der materiellen Realität des globalen Reproduktionsprozesses entfernt.
Die Blackrock-Konkurrenten werden indes auf Abstand gehalten. Nur die Nummer zwei der Branche – der Fondsgigant Vanguard – kann Schritt halten. Vanguard verwaltet knapp zehn Billionen Dollar, ist allerdings im Vergleich weniger transparent als die New Yorker. Auch ist der Begriff Konkurrent im Zusammenhang mit Blackrock zu hinterfragen. Denn das in Malvern, Pennsylvania ansässige Unternehmen gilt als größter Anteilseigner (8,65 Prozent) des Marktführers.
Die Renditejagd der Fonds wird konterkariert durch die wachsende Kluft zwischen globalem Wirtschaftswachstum und steigenden Börsenkursen. Wenn die Wirtschaftsleistung (BIP nominal nach IWF-Zahlen) weltweit aktuell bei etwa vier Prozent lag, die Börsenkurse vor allem im global wichtigstem Finanzzentrum USA deutlich darüber, ist die Vermutung berechtigt, dass sich hier eine Spekulationsblase weiter aufbläht. Allein der Dow Jones legte 2024 um etwa 14 Prozent zu. Der S&P 500 stieg um stolze 25 Prozent und der NASDAQ Composite sogar um rund 30 Prozent.
Für Friedrich Merz, der sich laut Focus zur »gehobenen Mittelschicht« zählt, birgt die Nähe zu Blackrock auch Imageprobleme. Deshalb haben die Konkurrenten von SPD und der geschrumpften Partei Die Linke auch prompt auf Merz’ Davos-Auftritt reagiert: SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich unterstellte ihm, dass er versuche, »Donald Trump zu beschwichtigen«. Und Linke-Kochef Jan van Aken grollte im Spiegel, Blackrock stehe »weltweit für Druck auf Sozialstandards und Löhne«. Der Auftritt in Davos sei »instinktlos und völlig deplatziert«.
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