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Aus: Ausgabe vom 04.02.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Arbeitskraftmangel

Labour sucht die Bauarbeiter

Arbeitskräftemangel bremst Labour-Pläne. Konjunkturanforderungen widersprechen Migrationspolitik
Von Dieter Reinisch
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Für den angekündigten Labour-Bauboom braucht es Fachkräfte (London, Oxford Street, 20.5.2023)

Die schlechten Nachrichten für Großbritanniens Wirtschaft reißen nicht ab: Nun fehlen für die Pläne der Labour-Regierung, durch Wohnbau die Konjunktur anzutreiben und den Wohnungsnotstand zu beheben, ausgerechnet die Bauarbeiter.

370.000 Wohnungen pro Jahr sollen laut Regierungsprogramm von Premier Keir Starmer gebaut werden. Doch die Bauwirtschaft warnt, dass ihr dafür 200.000 Arbeiter fehlen. Fünf Jahre nach dem Brexit würden ihr die Arbeiter ausgehen, machte der Branchenverband der kleinen und mittleren Bauunternehmungen, die National Federation of Builders (NFB), vergangene Woche bekannt. Er fordert daher Sondervisa für die nötigen Arbeitskräfte.

Nur hat Labour auch angekündigt, die Migration begrenzen und weniger Arbeitserlaubnisse erteilen zu wollen. Ursprünglich sollten nur noch Fachkräfte und besser Ausgebildete Arbeitsvisa bekommen. Starmer dürfte derweil befürchten, dass die Aufweichung seiner harten Migrationspolitik der rechten Opposition, Reform UK sowie dem rechten Flügel der Tories, in die Hände spielt.

Die NFB schlägt ein drei- bis fünfjähriges »Bauvisum« vor und ein »Eins-zu-eins-Programm«, bei dem für jeden eingestellten Migranten ein britischer Arbeiter derselben Fachrichtung finanziert oder ausgebildet werden soll. »Großbritannien bildet jährlich weniger als 20.000 Baulehrlinge aus, und wir haben festgestellt, dass wir bis 2027 rund 225.000 neue Bauarbeiter benötigen, um die Nachfrage zu decken«, sagte Rico Wojtulewicz vom NFB gegenüber der Tageszeitung Independent am vergangenen Dienstag. Obwohl die Zuwanderung als Faktor des Wohnungsmangels genannt wird, sagte Wojtulewicz, dass sie kurzfristig »von entscheidender Bedeutung sei, um das Regierungsziel von 1,5 Millionen Neubauten zu erreichen«. Gut ausgebildete britische Arbeiter würden benötigt und müssten ausgebildet werden. Allerdings dauere dies »zwei bis drei Jahre, um die Qualifikation zu erlangen, und zwei weitere Jahre Baustellenerfahrung, um ein gutes Kompetenzniveau zu erreichen«, betonte er. Dafür müssten Lehrlinge »gefunden und gehalten« werden.

Auch andere Infrastrukturprojekte, wie die Hochgeschwindigkeitsstrecke von London Richtung Norden und die dritte Landepiste am Flughafen Gatwick, mit denen die Finanzministerin Rachel Reeves die Wirtschaft ankurbeln will, könnten vom Arbeitskräftemangel betroffen sein. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass bis Anfang der 2030er Jahre gebaut wird. Es gibt ein langfristiges Problem bei der Beschäftigung im Baugewerbe, dessen Lösung mehr als ein Jahrzehnt dauern wird«, warnte Noble Francis, Wirtschaftsdirektor der Construction Products Association, am Sonntag gegenüber dem Guardian. Die Frage sei, ob man »alle Projekte in allen Sektoren gleichzeitig« bewältigen könne. Es gäbe heute 300.000 weniger Bauarbeiter als 2019, wobei der Rückgang insbesondere in der erfahrenen Altersgruppe über 50 zu verzeichnen ist. Brexit und Coronakrise hätten den Verlust noch beschleunigt.

Laut Daten von Reuters könnte sich die Lage aber noch verschärfen: In den nächsten zehn bis 15 Jahren werden 500.000 Arbeiter in der Baubranche in den Ruhestand gehen. Das entspricht rund 25 Prozent der gesamten Belegschaften. Doch einzig auf den Brexit ist die Misere nicht zu schieben, wie ein Blick über den Atlantik verdeutlicht: Der US-Berufsverband warnte am Montag ebenfalls, dass 2025 über 439.000 neue Arbeitskräfte benötigt würden, um der erwarteten Bautätigkeit gerecht zu werden. Diese Zahl dürfte bis 2026 auf etwa 499.000 steigen, so dass der Gesamtbedarf in den nächsten zwei Jahren bei fast einer Million Arbeitskräften liegt, berichtete ABC.

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