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Aus: Ausgabe vom 05.02.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Handelskrieg

Zollschocks aus Washington

Autokonzerne schlagen wegen Trumps Zollankündigungen Alarm. Der Druck auf Hersteller aus Japan, Südkorea und der BRD wächst
Von Sebastian Edinger
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Kanada ist für internationale Konzerne vor allem wegen Rohstoffvorkommen interessant (Edmonton, 3.2.2025)

Nur wenige hatten erwartet, dass die neue US-Regierung unter Präsident Donald Trump in einer derartigen Geschwindigkeit weltweit neue Handelskriege anzettelt und bestehende eskalieren lässt. Von den jüngsten Zollankündigungen aus Washington wurden vor allem die Autofirmen und ihre Zulieferer kalt erwischt. Zehn Prozent auf Einfuhren aus China werden seit Dienstag fällig. Importe aus Mexiko und Kanada sollen sogar mit 25 Prozent belastet werden. Kurz vor Inkrafttreten der Zollbeschlüsse gelang es den Regierungschefs aus Mexiko und Kanada, Claudia Sheinbaum und Justin Trudeau, zumindest noch einen 30tägigen Aufschub auszuhandeln.

Insbesondere die Zölle auf Importe aus Mexiko treffen die internationale Automobilindustrie hart, wurde der Standort bislang doch wegen billiger Arbeitskräfte und quasi rechtsfreier Räume für ausländische Investoren, aber auch wegen der Nähe zum großen US-Absatzmarkt sehr geschätzt. Auch deutsche Autobauer wie Volkswagen, BMW, Mercedes-Benz und Audi verzichten nicht auf die umfassenden Ausbeutungs- und Profitmaximierungsmöglichkeiten, die der Standort bietet. Kanada wiederum ist für die internationalen Konzerne wegen der Nickel-, Lithium- und Kobaltvorkommen vor allem als Rohstofflieferant für Elektrofahrzeuge von Bedeutung. VW plant derzeit, in Ontario eine Batteriezellenfabrik aufzubauen, um von dort aus den US-Markt zu bedienen.

Am heftigsten trafen die Zollankündigungen vom Montag jedoch zunächst die Autofirmen im asiatischen Raum, insbesondere in Japan und Südkorea. Die Aktienkurse von Firmen wie Toyota, Nissan, Honda und Kia brachen um fünf bis zehn Prozent ein. Allein Nissan baut jährlich 300.000 Fahrzeuge für den US-Markt in Mexiko. Honda unterhält dort Produktionskapazitäten für den Bau von 250.000 Fahrzeugen jährlich, 80 Prozent davon gehen in die USA. Bereits im vergangenen November warnte Shinji Aoyama, der Chief Operating Officer des Unternehmens, wenn die Vereinigten Staaten dauerhafte Zölle auf importierte Fahrzeuge erheben, müsse man über Produktionsverlagerungen nachdenken.

Darum geht es Trump, durch die Handelsschranken sollen die Industriebosse dazu gebracht werden, Produktionsstätten in die USA zu verlegen. Damit könnte er erfolgreich sein. So sagte etwa James Picariello von BNP Paribas gegenüber der Financial Times mit Blick auf US-amerikanische Lkw-Produzenten mit Produktionsstätten in Mexiko und Kanada, diese würden voraussichtlich die Herstellung von 300.000 bis 350.000 Lastwagen in die USA rückverlagern, wobei die Umstellung zwölf bis 18 Monate dauern dürfte. Unter den US-Firmen treffen die Zölle General Motors und Chrysler besonders hart, da diese seit dem Inkrafttreten des Freihandelsabkommens NAFTA zwischen den USA, Mexiko und Kanada 1994 in großem Stil Produktionskapazitäten über die Grenze verlagert hatten.

Auch die Aktienkurse der ohnehin gebeutelten deutschen Wettbewerber wie VW und Mercedes-Benz rauschten am Montag in den Keller. »Wir setzen darauf, dass konstruktive Gespräche zwischen den Handelspartnern geführt werden, um Planungssicherheit und wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten und einen Handelskonflikt zu vermeiden«, zeigte sich ein VW-Sprecher dennoch gegenüber dem NDR optimistisch. Das Manager-Magazin zitierte Stefan Hecht von der Unternehmensberatung Advyce & Company, es sei davon auszugehen, dass auch die deutschen Hersteller als Reaktion auf die Zölle zumindest einen Teil der Fertigung von Mexiko in die USA verlagern werden.

Welches Ausmaß die Schockwellen aus Washington noch annehmen werden, ist schwer abzuschätzen. Schließlich stehen die Verhandlungen über das neue Zollregime noch am Anfang. Die Lieferketten im Automobilsektor sind allerdings höchst komplex und störanfällig. Laut Ian Henry, Fachmann der Beratungsagentur Auto Analysis, würde ein dauerhafter Zollkrieg zu schlimmeren Verwerfungen führen als die Coronapandemie. Auf dieses Szenario dürfen sich die Autokonzerne nun wohl einstellen.

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