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Aus: Ausgabe vom 05.02.2025, Seite 8 / Ansichten

Hühnerspiel und Logik

Trump erhöht Zölle oder nicht
Von Arnold Schölzel
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Von Trumps Strafzöllen bedroht: Avocados aus Mexiko

Die subjektive Seite dessen, was Mexiko, Kanada, China und vermutlich bald die EU mit Trumps Zollerhöhungen, mit deren Rücknahme, Durchziehen oder Aussetzen erleben, erläutert der »Dorsch«, das Lexikon der Psychologie, unter dem Stichwort »chicken game« (»Hühnerspiel«, »Feiglingsspiel«, »Mutprobe«): »Es gab einmal eine Zeit – sagen wir die wilden Fünfziger –, in der übermütige Jugendliche mit Autos aufeinander zufuhren, um zu testen, wer zuerst ausweicht (Verlierer des Spiels) und wer länger draufhält (Gewinner des Spiels). Wenn beide draufhalten, gibt es nur Verlierer, weil eine Kollision folgt.« Das Spiel biete keine rational zu begründende Entscheidungsgrundlage dafür an, welche Alternative generell zu bevorzugen sei.

Donald Trump ist psychisch und politisch nicht über die 50er Jahre hinausgekommen. Seine 22 Kurzauftritte in US-Filmen, in denen er sich selbst jeweils als reichen Kotzbrocken spielt, sind laut Georg Seeßlen wie die einer Comicfigur, die in der realen Welt gelandet ist. Vermutlich glaubt auch Trump nicht, dass James Dean tot ist – die Ikone aller Poser und Raser.

Die objektive Seite des Politspiels ist weniger lustig, obwohl der Ausdruck »Hühnerspiel« auf den desolaten Zustand der Führungsmacht des Imperialismus zutrifft. Rationalität ist beim Vor und Zurück mit Zollerhöhungen nicht erkennbar, bei Trumps Opfern Mexiko, Kanada und China schon. Ihre Reaktionen waren angekündigt. Die Frage allerdings, wohin das Ganze tendiert, ist komplizierter, weil sie Ausdruck grundlegender Tendenzen der gegenwärtigen Epoche ist. Die wird geprägt vom Aufstieg Chinas, einem Zusammenschluss wie BRICS und generell durch die Stärkung des sogenannten globalen Südens. Zusammengefasst: Entstehen einer multipolaren Welt.

Die innere Logik des Trumpschen Vorgehens ist die eines im Niedergang befindlichen, besonders räuberischen Imperialismus. Die kanadische Zeitung Journal de Québec beschrieb das am Montag so: Trump und seinen Leuten »schwebt dabei offenbar eine Art nordamerikanisches Imperium vor, das er für notwendig hält, um die Macht der Vereinigten Staaten in einer multipolaren Welt zu sichern. Er betrachtet die ihn umgebenden Länder als Vasallen und träumt davon, Kanada zu übernehmen oder es zumindest vollständig zu unterwerfen. Das englischsprachige Kanada könnte eines Tages dem Versuch einer Annexion erliegen.«

Dem ist kaum etwas hinzuzufügen, außer: Trumps Vorgehen gegen China war im Vergleich zu seiner ersten Amtszeit bislang gemäßigt. Die Reaktion der Volksrepublik auf sein »Hühnerspiel« auch. Beijings Gegenmaßnahmen betreffen Rohstoffe wie Öl und Kohle, die China nur zum geringen Teil aus den USA bezieht, und den Google-Konzern, der im Land kaum erreichbar ist. Trump geht irrational vor, um ein rationales Ziel zu erreichen. Das bleibt eine extrem gefährliche Mischung.

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