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Aus: Ausgabe vom 14.02.2025, Seite 14 / Medien
Committee to Protect Journalists

Tödlichstes Jahr für Reporter

Höchstzahl ermordeter Journalisten 2024. Grund: Israels Krieg gegen Palästinenser. Allein 85 Opfer durch Netanjahus Armee
Von Michael Merz
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Ermordet und diffamiert: Hamsa Al-Dahduh und Mustafa Thuraja (Auto der Reporter nach dem Anschlag, 7.1.2024, Gaza)

Hamsa Al-Dahduh, Kameramann von Al-Dschasira, wurde nur 27 Jahre alt. Zusammen mit dem freiberuflichen Videojournalisten Mustafa Thuraja, unter anderem für AFP tätig, war er am 7. Januar 2024 auf dem Rückweg von einer Reportagereise über Flüchtlinge, die durch israelische Bombardierungen im südlichen Gazastreifen vertrieben worden waren. Zwei Journalisten von Palestine Today TV, Amer Abu Amr und Ahmed Al-Bursch, sahen, wie das Auto der beiden von einer Drohne angegriffen wurde. Die abgeschossene Rakete verletzte die Zeugen. Al-Dahduh und Thuraja aber verloren ihr Leben. Einen Tag später wurden sie von einem Sprecher der israelischen Armee IDF sogar als »Terroristen« diffamiert, die eine »Bedrohung« für Soldaten dargestellt hätten. »Al-Dahduh wurde wie so viele Journalisten vor ihm getötet, weil er einfach nur seine Arbeit gemacht hat und weil er ein Licht auf Ereignisse geworfen hat, die die israelische Armee lieber im dunkeln und vor der Öffentlichkeit verborgen halten würde«, konstatierte Al-Dschasira laut Middle East Eye.

Die beiden Todesopfer gehören zu den 85 Journalisten, die 2024 von den israelischen Streitkräften getötet wurden. In mindestens zehn dieser Fälle seien Reporter in Gaza und Libanon nachweislich gezielt ins Visier genommen worden, erklärte das in New York ansässige Komitee zum Schutz von Journalisten (Committee to Protect Journalists, CPJ). Das CPJ finanziert sich aus Spenden, akzeptiert jedoch keine Zuwendungen von Regierungen, um seine Unabhängigkeit zu garantieren. Seit 1992 zählt es die ermordeten Medienschaffenden weltweit. Seit Beginn dieser Aufzeichnungen sind noch nie so viele getötet worden wie 2024: mindestens 124 in 18 Ländern. Israel sei für fast 70 Prozent dieser Journalistenmorde verantwortlich, so das CPJ in seinem Report vom Mittwoch. Der weltweite Anstieg bei den Tötungsdelikten – um 22 Prozent gegenüber 2023 – spiegle die globalen Konfliktlagen, so das CPJ. Mehr als 35 Prozent (43) aller Tötungen entfielen auf freie Mitarbeiter, die mit den geringsten Mitteln und unter erheblichem Risiko für ihre eigene Sicherheit über Nachrichtenlagen berichten. Den bisherigen Höchststand hatte das CPJ im Jahr 2007 mit 113 Toten verzeichnet, fast die Hälfte davon starb im Krieg der USA gegen den Irak. Auf ähnliche Zahlen kommt auch die Organisation Reporter ohne Grenzen, die in den vergangenen 20 Jahren mehr als 1.700 getötete Journalisten registrierte.

»Seit Bestehen des CPJ ist heute die gefährlichste Zeit, als Journalist tätig zu sein«, erklärte die Geschäftsführerin des CPJ, Jodie Ginsberg, am Mittwoch. »Die Auswirkungen des Kriegs im Gazastreifen für Journalisten sind beispiellos. Das zeigt, dass sich die globalen Normen zum Schutz von Journalisten in Konfliktgebieten erheblich verschlechtert haben, aber Gaza ist bei weitem nicht der einzige Ort, an dem Journalisten in Gefahr sind.« Daneben sind unter anderem der Sudan, Pakistan, Haiti und Mexiko für Journalisten besonders gefährlich. In Mexiko gab es im Jahr 2024 fünf Journalistenmorde und es gilt damit weiterhin für die Presse als eines der unsichersten Länder. Das CPJ kritisiert, dass mexikanische Behörden viel zuwenig unternehmen, um sie zu schützen. Haiti zeichnet sich wiederum durch seine Gesetzlosigkeit aus, da Banden sich nun offen zu Morden an Kritikern in den Medien bekennen würden.

»Die Zunahme von Journalistenmorden ist Teil eines breiteren Trends, den Medien weltweit einen Maulkorb zu verpassen«, so CPJ-Chefin Jodie Ginsberg. »Das sollte uns alle beunruhigen, denn Zensur hindert uns daran, Korruption und Kriminalität zu bekämpfen und die Mächtigen zur Rechenschaft zu ziehen.« Und es sieht nicht so aus, dass sich die Lage im laufenden Jahr entspannen würde. In den ersten Wochen des Jahres 2025 wurden lau CPJ bereits mindestens sechs Journalisten und Medienmitarbeiter ermordet.

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