Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 15.02.2025, Seite 8 / Ansichten

Locken und drohen

Die neue Ukraine-Politik der USA
Von Reinhard Lauterbach
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Der Ritt auf dem Löwen könnte sich für Trump als gefährliches Abenteuer erweisen (Sankt Petersburg, 13.2.2025)

Die Ankündigung von Donald Trump im direkten Gespräch mit Wladimir Putin, den Krieg, »der nie hätte stattfinden sollen«, nun zügig zu beenden, hat mehrere Dimensionen. Gegenüber Russland will Trump mit einem vermeintlich großzügigen Angebot bewirken, dass Moskau sich auf Ergebnisse einlässt, die für Russland nicht auf der Hand liegen und auf die sich Putin womöglich auch nicht zwangsläufig einlassen müsste. Etwa das Einfrieren des Konflikts entlang der Frontlinie, die die Zufälligkeiten des Kriegsglücks spiegelt und für Moskau zentrale politische Fragen ausklammert – etwa die nach der politischen Zukunft der Ukraine. Jede Seite müsse eben Kröten schlucken, so Trump.

Welche das sein könnten, machten zwei Tage später Trumps Figuren aus der zweiten Reihe deutlich. Vizepräsident J. D. Vance erklärte, Washington könne sich – entgegen der Aussage seines Chefs vom Mittwoch – durchaus vorstellen, Truppen zur Überwachung eines Friedensschlusses in die Ukraine zu entsenden. Und auch über die mögliche Überlassung von US-Atomwaffen an Kiew ist laut Verteidigungsminister Pete Hegseth das letzte Wort noch nicht gesprochen. Es sei nicht sein Job, das zu entscheiden, so Hegseth. Die implizite Botschaft dahinter: Trump könne auch anders, wenn er nicht bekomme, was er wolle.

Kann er aber? Wenn die Aussage von Hegseth zutrifft, die USA müssten sich in den kommenden Jahren auf die Auseinandersetzung mit China im Westpazifik konzentrieren, dann kann er womöglich nicht so richtig. Für Trumps Ankündigung, auf keinen Fall US-Soldaten in die Ukraine zu schicken, gibt es logische Argumente: den Konflikt um die Zukunft des Landes, den die USA maßgeblich losgetreten haben, von den geschätzten »Alliierten« ausfechten zu lassen, in deren unmittelbarem geographischem Vorfeld die Ukraine liegt. Aber wie lange kann Trump dann eben diesen Alliierten auf den Hühneraugen herumtreten?

Vermutlich wird Russland die Drohungen auf sich zukommen lassen. US-amerikanische Söldner sind in der Ukraine reichlich im Einsatz und haben das Kriegsglück nicht zu Kiews Gunsten gewendet. Auch das Material aus den USA hat auf dem ukrainischen Kriegsschauplatz seine Grenzen offenbart. Angefangen mit Panzern, die zu schwer für die dortigen Brücken sind.

Russland tut gut daran, einstweilen vielsagend zu schweigen. Wieviel offenkundiger Unsinn von US-Seite erzählt wird, macht die Ankündigung Trumps deutlich, am Rande der Münchener Konferenz erste Gespräche zwischen Russland, der Ukraine und den USA zu beginnen. Trockener Konter von Siko-Chef Christoph Heusgen: Das könne nicht sein, weil zur Konferenz keine Vertreter Russlands akkreditiert worden seien. Dass die deutschen Transatlantiker einen Erfolg von Trumps Verhandlungen nicht wünschen, ist das eine. Dass sie zu derartigen Kleinlichkeiten greifen, um sie zu verhindern, zeigt, auf welchem Loch sie pfeifen.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (17. Februar 2025 um 14:42 Uhr)
    Donald Trump hat mit Wladimir Putin telefoniert und angekündigt, dass Verhandlungen zur Beendigung des Krieges »sofort« beginnen sollen. Dies hat in der Ukraine und unter westlichen Verbündeten große Besorgnis ausgelöst, da sie befürchten, dass Trump der Ukraine schaden könnte, indem er Russland Zugeständnisse macht. Während er zunächst Druck auf Putin angedeutet hatte, scheint sein vorrangiges Ziel nun darin zu bestehen, die Beziehungen zu Russland zu normalisieren, um Moskau von China zu entfremden. Zudem stellt seine Regierung angesichts der aktuellen Frontlage die territoriale Integrität der Ukraine infrage. Darüber hinaus will Trump die finanziellen Lasten der Ukraine-Hilfe auf die Europäische Union abwälzen. Diese Entwicklungen lösen in Kiew und Europa erhebliche Unruhe aus.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Christoph H. (14. Februar 2025 um 21:06 Uhr)
    Heulen und Zähneklappern in Brüssel-Europa. Es war doch so eine schöne Zeit: Mit Uncle Sam im Rücken konnte man dem russischen Bären endlich ungestraft in den Hintern treten (oh-so-lange drauf gewartet, liebe Nationalisten in Polen und im Baltikum, oder?). Man konnte sein Glacis aufrollen, die Ukrainer erst gegen ihn aufhetzen und sie dann in einem Stellvertreterkrieg verheizen, als der Bär gereizt anfing, um sich zu beißen … und jetzt? Steigt der Ami aus. Was nun? Besen, Besen, sei's gewesen …
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (14. Februar 2025 um 20:44 Uhr)
    »Die mögliche Überlassung von US-Atomwaffen an Kiew« wäre ja konsistent mit der atomaren Bewaffnung des Staates in Palästina, also des Staates auf dem Gebiet, das viele Jahrhunderte so hieß. Den Finger am Abzug hätten, wie dort, die USA. Der Einsatz solcher Waffen dürfte die gleichen Reaktionen wie der Einsatz von Taurus-Marschflugkörpern haben. Oder vielleicht auch schon im Vorfeld zu einer Eskalation führen, zu der westliche Experten Russland für fähig halten.

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