Mathematikerin des Tages: Ute Bonde
Von Felix Bartels![8 port.jpg](/img/450/205490.jpg)
Mit den Verspätungen verhält es sich wie mit der Liebe. »Warst du mir immer treu?«, fragt sie am Ende einer langen Ehe. »Sehr oft.« Nun erwartet niemand, dass in Berlin Verhältnisse herrschen wie in Osaka, wo die Uhren sich tatsächlich nach den Bahnen richten könnte. Es tät ja schon reichen, die Bahnen richteten sich ein wenig mehr nach den Uhren. Niemand freut sich bei einer Verspätung, dass die Bahn bei den letzten neun Malen pünktlich kam.
Auch korrekte Zahlen können die Wahrheit verbergen. 98,26 Prozent aller BVG-Züge waren im Jahr 2024 pünktlich. Die verbleibenden 1,74 klingen nach wenig, sind es aber nicht. Zudem zählt die BVG alles unter 210 Sekunden nicht als Verspätung, und 3,5 Minuten reichen, einen Anschluss zu verpassen, die Verspätung addiert sich dann. Arithmetische Korrektur, die im Reich der Zahlen bleibt also. Verkehrssenatorin Ute Bonde hat die Methode nun um eine weitere Episode bereichert. »95 Prozent aller Berliner erreichen innerhalb von fünf Minuten die nächste Haltestelle«, sagte sie vorm Landesparlament. Klingt auch nicht schlecht, so gut wie alle Stationendistanzen liegen aber zwischen 2 und 1 Minute. Der Durchschnitt der U8 etwa bei 1,5 Minuten, der der U2 bei 1,6. Die 5 Minuten der Senatorin sagen gar nichts, eine Bahn könnte auf jedem Abschnitt einer Strecke 4 Minuten zum Stehen kommen und immer noch in die 95 Prozent fallen. Zudem reicht für eine Verspätung auf der gesamten Strecke schon eine Verzögerung aus, sie wird ja mitgeschleppt.
In puncto mangelhafte Wartung und fehlende Neuerwerbung von Zügen sowie Personalmangel und schlechte Bezahlung bei der BVG musste Bonde keine Statistik bemühen. Dort genügte simples Delegieren der Schuld an die Vorgängerregierung und die »Tarifpartner«. Was sich gut auf ihre eigenen Zahlen auswirkt. 9 von 10 Sätzen der Rede waren nicht gelogen.
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vom 15.02.2025