Links & bündig: Jetzt bestellen!
Gegründet 1947 Mittwoch, 19. Februar 2025, Nr. 42
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Links & bündig: Jetzt bestellen! Links & bündig: Jetzt bestellen!
Links & bündig: Jetzt bestellen!
Aus: Ausgabe vom 18.02.2025, Seite 8 / Ansichten

Wunderwirtschaft

Hochstimmung wegen Aufrüstung
Von Arnold Schölzel
Frankfurter_Boerse_84996904.jpg
Der Wirt schafft Skål!

Donald Trumps Stellvertreter hat das wenige, was sein Chef von der Weltordnung stehen ließ, am Freitag in München weggerissen? Katzenjammer in Deutschland? EU-Europäer und Deutsche am Katzentisch? Mag für Boris Pistorius zutreffen, aber zumindest eine Zunft ist frei von Schock und Furcht: Die deutschen Wirtschaftswissenschaftler, jedenfalls die, die in Agenturen und Qualitätsmedien zitiert werden. Ihr anschwellender Gesang am Montag kannte nur einen Ton und drei Worte: Rüsten, rüsten, rüsten. Dann komme nämlich »die« Wirtschaft, die im dritten Jahr schrumpft, wieder in Gang. Das Wirtschaftswunder durch Energiewendetechnik, das die Scholz, Habeck und Lindner 2021 versprochen hatten und an das sogar der grimmige Bundesverband der Industrie geglaubt hatte, ist erledigt.

Wie im Fieber halluzinieren nun die Kapazitäten des Kapitals unisono, das Wirtschaften mit Panzern, Raketen, Bomben und sonstigem Kriegskram werde Wunder wirken. Noch vor Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz verordnete BDI-Chef Peter Leibinger am Donnerstag der Bundesrepublik eine »enorme Aufholjagd« im Militärsektor, antwortete der Kanzler noch am selben Tag mit einem langfristigen Finanzierungsplan. Bei solchem Vorsprung hatten die Ökonomen Mühe mitzuhalten.

Am Montag aber sprinteten sie nach vorn. Denn das Rattenrennen der Rüstungsaktien brachte neue Kursrekorde an den EU-Börsen, Rheinmetall schoss bis zu elf Prozent nach oben und der Konzernchef versicherte, das werde auch bei Frieden in der Ukraine so bleiben. Sonst greift laut Pistorius etc. der Russe übermorgen an. Das ergänzte die Wirtschaftsprofessorenschaft gelehrsam, zum Beispiel Clemens »Kanonen statt Butter« Fuest (Ifo-Institut) laut Reuters: »Die große Frage sei, wie schaffe und finanziere man mehr Militärausgaben.« Moritz Schularick (IfW Kiel): »Wir müssen jetzt schnell in den nächsten zwei bis drei Jahren mit extrem hoher Geschwindigkeit in vielen Bereichen der Verteidigung Kapazitäten aufbauen«. Das koste viel, werde aber die Konjunktur anschieben, ein »europäisches Manhattan-Projekt« müsse her. Es geht offenbar um Weltkrieg und Atombombe. Vollzug meldete noch am selben Tag der Laserspezialist Trumpf: Einstieg in die Rüstungsbranche. Am Mittag triumphierte n-tv: »Deutschland ist ein Hotspot für Hightechwaffen.« Usw.

Was ist verglichen mit solchem Taumel eine JD-Vance-Tirade auf einer in die Jahre gekommenen Kriegsberatungskonferenz? Jedenfalls keinen Kopfschmerz wert.

Nach den Pariser Verträgen, mit denen die BRD vor 70 Jahren in die NATO kam, notierte Brecht: »Die Kapitalisten wollen keinen Krieg. Sie müssen ihn wollen. Die deutschen Kapitalisten haben zwei Möglichkeiten in einem Krieg. 1. Sie verraten Deutschland und liefern es an die USA aus (Pétain). 2. Sie betrügen die USA und setzen sich an die Spitze.« Sie nehmen sich wieder einmal die Wahl.

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Mehr aus: Ansichten